Jahr: 2017 (Seite 5 von 7)

Über die Feinfühligkeit

Liebe Leserinnen und Leser,

kennen Sie das…

  • eine spaßige Bemerkung, eine Bemerkung lässt Sie tagelang grübeln…
  • bei der Heimfahrt nach der Arbeit drehen Sie das Radio ab, weil es einfach zu viel ist…
  • überfüllte Einkaufszentren meiden Sie, weil es dort einfach zu lebhaft, laut und voll ist…
  • ein berührender Film rührt Sie zu Tränen…
  • manchmal haben Sie das Gefühl, zu wissen, was der andere denkt…

Die Psychologin Elaine N. Aron fand heraus, dass manche Menschen feinfühliger sind als andere. Diese Eigenschaft wird als „hochsensibel“ bezeichnet.

Hochsensibilität ist eine angeborene Eigenschaft. Es ist die Besonderheit der Reizverarbeitung. Das ist übrigens keine neue Entdeckung. Hochsensible haben „Antennen“, sind ständig „on air“, daher bemerken sie Dinge auch früher als andere, hören auf Frequenzen, die andere nicht bemerken. Unsere dünnhäutigen Vorfahren erkannten Gefahren schon früher und konnten somit die anderen warnen und damit mitunter retten. Heute erkennen sie schwelende Konflikte im Team womöglich schon als erster.

Die Hirnforschung bestätigt, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Gehirnen von Hochsensiblen und anderen Menschen gibt. Jene Regionen, die mit Aufmerksamkeit und der Verarbeitung von Sinnesdaten zu tun haben, reagieren bei hochsensiblen Menschen sehr aktiv auf jede Art von Stimulierung.

Die österreichischen Forscher Christina Blach und Josef W. Egger haben untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen Ängstlichkeit, Depression und Stressreaktivität besteht. Gerade in Bezug auf die Ängstlichkeit wurde hier ein Zusammenhang gefunden. Je höher die Ängstlichkeitswerte sind, desto stärker ist die Hochsensibilität ausgeprägt.

Hochsensible Persönlichkeiten sind keine homogene Gruppe, sondern jede/r ist individuell unterschiedlich, weil die Sinne jeweils unterschiedlich ausgeprägt sind. Hinzu kommen vorhandene Anlagen und Eigenschaften, aber auch getätigte Erfahrungen.

Hochsensibilität hat nicht nur einen Nutzen für Sie persönlich, sondern kann auch ein guter Beitrag für die Gemeinschaft sein.

Zugegeben, es ist anstrengend immer „aktiv“ zu sein, daher ist es wichtig, dass sich hochsensible Menschen ihre Freiräume schaffen und sich auch Werkzeuge zurecht legen, wie sie gut durch den Alltag kommen:

In erster Linie ist Abgrenzung sehr wichtig. Wenn Sie sich angegriffen fühlen, fragen Sie sich, ob es hier wirklich um Sie als Person geht. Nicht jedes Problem, das Sie wahrnehmen ist auch wirklich „Ihr“ Problem.

  • Ändern Sie den Blickwinkel: Der andere hat womöglich nur einen schlechten Tag.
  • Achten Sie darauf, dass Sie sich regelmäßig eine Auszeit nehmen, sich vom Alltagstrubel zurückziehen  können. Hilfreich können dabei auch Mediationen sein.
  • Wenn stressige Situationen unausweichlich sind, legen Sie sich virtuell eine Rüstung an oder setzen Sie sich unter eine dicke Käseglocke

Für Hochsensible bedeutet ihre erhöhte Wachsamkeit aber auch enormen Stress. Hinzu kommt, dass die permanente Erfahrung des „anders sein“ das Selbstwertgefühl schwächen kann. Hochsensibilität kann aber auch als Gabe angesehen werden…

Unterschätze dich nicht selbst, indem du dich mit anderen vergleichst. Es sind unsere Unterschiede, die uns einzigartig machen.

Mit sensiblen Grüßen

Natascha Freund

Quelle: Psychologie heute, September 2015

Digitaler Nachlass oder die Frage, ob man ein Konto auf einer sozialen Plattform erben kann

Ein aktueller Fall aus Deutschland: Ein minderjähriges Mädchen ist unter ungeklärten Umständen verstorben. Die Eltern erhofften sich durch die Einsicht in den Chatverlauf bei Facebook Rückschlüsse auf die Todesumstände. Die Eltern haben zwar die Zugangsdaten von dem Account ihrer verstorben Tochter, doch hat Facebook diesen Account ab Kenntnis über den Tod des Mädchens in einen sogenannten „Gedenkstatuts“ gestellt. Dieser Status verhindert eine Einsichtnahme.

Facebook verweigert die Einsichtnahme in den Account und argumentiert, dass bei einer Offenlegung des Chatverlaufes auch andere Nutzer betroffen wären. Diese anderen Nutzer waren in der Annahme, dass die von ihnen geschriebenen Inhalte privat sind und bleiben.

Rechtlich ist zu prüfen, inwieweit ein Facebook-Account vererbbar ist. Argumentiert werden kann, dass ein solcher digitaler Nachlass nicht anders zu handhaben ist, wie etwa Tagebücher oder Briefe. Grundsätzlich ist es so, dass der Erbe in die Position der Verstorben tritt. Demnach müssten die Eltern Einsicht auf den Facebook-Account ihrer minderjährigen Tochter bekommen. Die Vererbbarkeit ist jedoch anders zu sehen bei Vereinsmitgliedschaften, denn diese erlöschen mit dem Tod. Fragen kann man sich aber, ob es eventuell einen Unterschied macht, dass das verstorbene Kind noch minderjährig war.

Das Mädchen im gegenständlichen Fall war zum Todeszeitpunkt minderjährig. Unumstritten ist, dass Eltern bei minderjährigen Kindern eine Schutzpflicht haben. Erlischt diese Schutzpflicht nicht auch mit dem Tod des Kindes?

Der Rechtsfall ist noch nicht geklärt – es streiten die Eltern eines verstorbenen minderjährigen Kindes, die sich durch die Einsichtnahme in den Facebook-Account mehr Aufschlüsse über den ungeklärten Tod ihrer Tochter erhoffen und Facebook, das sich unter anderem auf Datenschutz der im Chat beteiligten Nutzer beruft. Die ersten beiden Instanzen sind entschieden und es steht 1:1. In der ersten Instanz haben die Eltern und in der zweiten Instanz hat Facebook Recht bekommen. Der Fall liegt nun in der dritten und damit letzten Instanz.

Emotionen gegen die Buchstaben des Gesetzes, wobei viele Fragen rechtlich sogar offen sind…

 

Den Leitartikel hierzu gibt es auf www.spiegel.de (Eltern wollen Einsicht in Konto ihrer verstorbenen Tochter)

What‘s App, Mama?

Der 16-jährige Hamburger Robert Camp möchte Eltern erklären, warum Jugendliche den ganzen Tag Online sind. Da Oldschool, seiner Meinung nach, die beste Methode ist, um die „Oldies“ zu erreichen, – denn ein Buch hat in dieser (alten) Generation ein gewisses „Standing“ – hat er sich für gedrucktes Papier entschieden. Was er noch preisgibt und warum Facebook bei Jugendlichen mittlerweile ein alter Hut ist.

Hätte Robert Camp Jugendliche erreichen wollen, hätte er wohl ein oder mehrere Videos auf YouTube gestellt, auch wenn man Leute erst dazu bringen muss, sich diese anzusehen, ist dieses Medium seiner Meinung nach wohl am ehesten geeignet. Facebook sei ein alter Hut, weil vor allem von Erwachsenen so viel gepostet wird.

Camp sagt, dass die Medienwelt hilft, durch den Alltag zu kommen, Kontakt zu Freunden aufrecht zu erhalten und dass man beispielsweise mit WhatsApp immer genau informiert ist. Man darf sich das wie eine Selbstinszenierungsplattform vorstellen, bei der man lernt, sich gut zu verkaufen und Trends zu erkennen. Spätestens bei diesem Absatz habe ich mich gefragt, wie meine Generation überhaupt lebensfähig heranwachsen konnte.

Die sozialen Medien und unpersönliche, aber dafür ständig präsente Online-Kontakte sind von den Jugendlichen heute perfekt in ihr Leben integriert. Es wird als selbstverständlich vorausgesetzt und von den Jugendlichen nicht hinterfragt. Auf der anderen Seite stehen medizinische Erkenntnisse wie jene von Prof. Manfred Spitzer, der vor „Cyberkrankheit“ warnt. Wer recht hat….? Sie können das alles liken oder disliken, nur (noch) nicht bei mir.

Mit persönlichen Grüßen

Natascha Freund

Sachwalterschaft ade…

Das Recht betreffend die Sachwalterschaft ist in Österreich 30 Jahre alt. Nun endlich wird es reformiert. Bitte umblättern und weiterlesen…

In Anlehnung an die Regelungen für minderjährigen Kindern, für die das Gesetz einen bestimmten Schutz in Bezug auf Geschäfts- und Deliktsfähigkeit vorsieht, hat der Gesetzgeber auch einen Schutz für Menschen vorgesehen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst wahrzunehmen – die Sachwalterschaft.

Mit dem Bundesgesetzblatt I Nr. 59/2017 wurde das neue Recht betreffend die Sachwalterschaft im Rahmen des 2.Erwachsnenenschutz-Gesetzes neu geregelt und veröffentlicht.

Neu sind insbesondere die so gennannten 4 Säulen des Erwachsenenschutzes:

1. Vorsorgevollmacht

Damit kann eine Person bereits im Vorfeld Bestimmungen treffen für den Fall, dass sie eines Tages entscheidungsunfähig sein wird. Die Vollmacht muss schriftlich bei einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein verfasst sein und im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden.

2. Gewählter Erwachsenenvertreter

Ein solcher kann auch noch bestimmt werden, wenn man nicht mehr voll geschäftsfähig ist. Als Vertreter kommen nahe Angehörige, Nachbarn oder auch Freunde in Betracht. Eine Eintragung in das ÖSVV ist auch hier erforderlich. Das Gericht überprüft jährlich die Lebensumstände und die finanzielle Situation.

3. Gesetzlicher Erwachsenenvertreter

Diese kommt zum Tragen, wenn die zu beschützende Person nicht mehr selbst ihre/n Vertreter/in frei wählen kann. Auch hier ist eine Eintragung in das ÖSVV erforderlich sowie eine jährliche Kontrolle. Diese Form der Vertretung endet nach drei Jahren automatisch.

4. Gerichtliche Erwachsenenvertretung

Diese entspricht der bisherigen Sachwalterschaft, wobei nun die Aufgaben viel genauer definiert werden sollen. Die Bestellung erfolgt vom Gericht. Die Vertretung wird mit Erledigung der Aufgabe beendet bzw. nach 3 oder 5 Jahren. Die finanzielle Situation wie auch die Lebensumstände sind aber jährlich zu überprüfen.
Neu und dem allen vorgeschaltet, ist ein so genanntes „Clearing“. Im Rahmen eines „Clearing“ soll festgestellt werde, ob und inwieweit eine Vertretung überhaupt erforderlich ist.

Das neue Gesetz tritt am 1. Juli 2018 in Kraft.

Weiterführende Links:

5 Elemente eines gelungenen Lebens

Liebe Leserinnen und Leser,

vor kurzem las ich ein Interview mit Eva Menasse in der Zeitung derStandard (16.04.2017) mit dem Titel „Der Schlüssel zu einem gelungenen Leben“. Darin zeigte sie auf, welche Entwicklungen einerseits sie und ihre Familie persönlich geprägt haben und andererseits, was sie an gesellschaftlichen Entwicklungen sieht und was wichtig ist, in der heutigen Zeit ein gutes Leben zu führen.

Dies brachte mich zum Nachdenken über das, was ein gelungenes Leben ausmacht und ich bin dabei auf die folgenden 5 Elemente gekommen:

1. Zufriedenheit mit dem, was ist:

Eva Menasse nennt es „Wohlstandsverwahrlosung“, wenn wir auf hohem Niveau jammern und uns über Dinge, die eigentlich Kleinigkeiten sind, aufregen. Wenn man bedenkt, was frühere Generationen erlebt und durchgemacht haben, geht es uns heute doch eigentlich sehr gut?!

2. Dem selbst gemachten Zeitdruck entfliehen:

Die Vermischung von privatem Leben und Arbeitsleben, die höhere Geschwindigkeit durch zunehmende Technisierung des Alltags, die Abhängigkeit von jederzeit und überall verfügbaren Informationen macht unsere Gesellschaft ein bisschen krank und entfremdet uns voneinander. Eine „Digitale Abstinenz“ oder „Handy-Entziehungskur“ könnte hier Wunder wirken?!

3. Achtsamkeit für sich selbst:

Eva Menasse bemerkt, dass unsere Generation die erste ist, die vermehrt therapeutische Hilfe benutzt und dass dies sehr hilfreich sein kann. Das Reden über bestimmte Dinge hilft, auch sich selbst besser zu verstehen. Mit mehr Achtsamkeit für sich selbst und mehr Nachdenken über sich selbst können wir vielleicht auch gemeinsam mehr erreichen, ohne dass wir alle gleich zu Egoisten werden.

4. Auf schlechte Gefühle verzichten:

Es gibt viele schlechte Gefühle in der heutigen Zeit: „Gier, Hass, Neid und Rachsucht sind die Seuchen dieser Welt“ singt Pur im Lied „Neue Brücken“. Gelingt es uns, uns von diesen zu lösen, werden wir auch in der Lage sein ein gelungeneres Leben zu führen, mit dem was ist, zufrieden zu sein?!

5. Mehr Empathie im Alltag:

Im Zusammenhang mit der zunehmenden Technisierung und unsere Abhängigkeit von Informationen und elektronischen Geräten und auch bei der Erosion der gesellschaftlichen Basis stellen wir fest, dass immer mehr Empathie verloren geht, die Fähigkeit mit anderen mitzufühlen und auf andere einzugehen. Mehr Empathie auch durch Selbstreflektion und Reflektion mit anderen über uns selbst, würde uns auch zu einem gelungenen Leben helfen?!

Natürlich ist all dies leichter gesagt als getan, aber vielleicht möchten Sie über diese 5 Punkte nachdenken und sich fragen,

  • wo könnte ich ansetzen, um ein gelungenes Leben zu haben und
  • welche Elemente würden mich dabei bereichern

Ich ende diesen Newsletter mit einem Zitat von Pearl S. Buck

Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.

Mit gelungenen Grüßen

Natascha Freund

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