Jahr: 2018 (Seite 9 von 18)

Die wahren Paradiese sind die, die man verloren hat (Marcel Proust)

Trennung ist ein gemeinsamer Prozess, auch wenn die jeweiligen Partner diesen unterschiedlich erleben. Wenn auch im Moment vielleicht schwer nachvollziehbar, so leiden beide Partner an einer Trennung, denn egal von welcher Perspektive man es sieht – Mann oder Frau ist in seinem Plan, ein Leben lang zusammen zu bleiben, gescheitert – freiwillig oder unfreiwillig.

Institut der letzten Wünsche

Letzens habe ich ein Buch gelesen, in dem ein Institut – das Institut der letzten Wünsche – sterbenden Menschen einen letzten Wunsch erfüllt (soweit realisierbar).  Es handelte sich dabei um Wünsche wie:

  • ….noch einmal Schneeflocken sehen. Also haben die Mitarbeiter mit einem Trick aus Watte, es vor dem Fenster schneien lassen.
  • ….noch einmal Weihnachten erleben. Also wurde das Fest in eine andere Jahreszeit (mit entsprechenden Requisiten) verlegt.
  • …und noch viel mehr.

Das Buch war traurig, weil die Menschen dann gestorben sind; es war aber auch schön, weil sie glücklich gegangen sind.

Die Idee hat mich nachdenklich gestimmt. Bei all den Wünschen handelte es sich um keine großen oder teuren Wünsche. Bei einem Wunsch ging es beispielsweise darum, einen Menschen, den man lange nicht mehr gesehen hat, noch einmal zu sehen. Warum warten bis wir nicht mehr können? Warum erfüllen wir uns nicht jeden Tag unsere kleinen Wünsche?

Spruch der Woche (KW 29)

Ich grüße mich mittlerweile recht freundlich, wenn ich mir selbst im Weg stehe. Ist ja nicht das erste Treffen.

Doppelresidenz

In Deutschland kann auch gegen den Willen eines Elternteils das „Wechselmodell“, bei uns bekannt unter „Doppelresidenz“, gerichtlich angeordnet werden.

Was bedeutet „Doppelresidenz“? Diesem Modell folgend wohnt das oder die gemeinsamen Kinder nach der räumlichen Trennung der Eltern auch weiterhin bei beiden Elternteilen. Das soll in jener Form erfolgen, dass das/die Kind/er ungefähr gleich viel Zeit bei der Mutter und ebenso viel Zeit beim Vater verbringen. Das/die Kinder/er haben daher faktisch zwei Wohnsitze. Ob Alimente zu zahlen sind, kommt auf das Einkommen beider Elternteile an. Sämtliche Kosten für das/die Kind/er sind gemeinsam zu tragen.

Damit eine solche Doppelresidenz angeordnet werden kann, bedarf es jedoch ein hohes Maß an Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern miteinander. Das mag in vielen Fällen gegeben sein und in ebenso vielen Fällen auch wieder nicht. Immer wieder verkennen Eltern, dass der Streit um das Kind nur ein Symbol ist. „Ich möchte mich im gleichen Ausmaß wie du auch um das Kind kümmern“ oder „Ich möchte das Kind ebenso viel Zeit haben wie du“ so oder so ähnliche Sätze fallen oft zwischen den Eltern, wenn es um den Streit des Kontaktrechts geht. Fragt sich dann der Elternteil wirklich noch, „was ist gut für mein Kind“ oder geht es nur darum „zu gewinnen“. Wer fragt die kleinen Menschen wie es denen bei diesem Streit geht? Glauben Sie bitte nicht, dass Kinder dies nicht mitbekommen.  Wer kümmert sich um den Loyalitätskonflikt der Kinder? So sehr sich die Eltern auch manchmal „hassen“ mögen, Kinder lieben in der Regel Mama UND Papa.

Es ist nachvollziehbar, dass, wenn die Beziehung schon auseinandergeht, man dennoch an dem eigenen Fleisch und Blut festhalten möchte; hier die Bindung nicht verlieren. Wer von den Erwachsenen stellt sich eigentlich in die Schuhe des Kindes? Das Kind kannte zuvor den Wechsel nicht – eine Woche in dieser Wohnung, die andere Wohnung in der anderen Wohnung. Bloß die Sachen wandern nicht mit und auch das Meerschweinchen ist nur bei Mama zu Hause; dafür hat Papa einen Hund? Wie soll das Kind hier Verantwortung lernen? Wie kann hier Beziehung aufgebaut werden?

Zugegeben in seltenen Fällen funktioniert die Doppelresidenz – wohlgemerkt in seltenen Fällen. Bei einer Konferenz wurde die Meinung vertreten, dass die Gegner der Doppelresidenz (in diesem Fall ausschließlich die Erwachsenen) ein Problem mit diesem Modell hätten; nicht jedoch die Kinder. Für die sei das alles kein Problem. In diesem Punkt gebe ich mich geschlagen – ich möchte nicht jede Woche meinen Koffer packen und woanders wohnen….

Leider ist auch in Österreich das Wechselmodell oder Doppelresidenz im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehen. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit eben nur als Möglichkeit sieht, nicht aber als Vorgabe, dass es so zu sein hat. Denn dann wird es noch möglicherweise noch mehr Fälle bei Gericht geben…und die Auswirkungen eines gerichtlichen Verfahrens können nicht spurlos n einem Kind vorübergehen. Jede Familie ist unterschiedlich wie jeder Mensch auch – dies sollte auch bei der Festsetzung des Kontaktrechts bedacht und daher individuell abgestimmt werden.

Aus – Ende – Vorbei: aber wie kommuniziert man das?

Letztens las ich einen Artikel mit „10 Regeln für eine halbwegs vernünftige Trennung“. Das klang spannend, erwartet sich der Leser hier doch Tipps und Tricks für die Lebensführung in einer schwierigen Situation. Genauer gesagt zu der heiklen Frage: wie sage ich ihm / ihr, dass ich ihn / sie loswerden möchte.

Handlungsempfehlungen waren unter anderem

  • Wer eine Trennung will sollte nicht lange warten
  • So ehrlich, aber gleichzeitig so wenig verletzend wie möglich sein
  • Tränen trocknen und raus da
  • Nicht erpressen lassen
  • „Freunde bleiben“ – frühestens in sechs Monaten

Liest man diese Tipps, dann denkt man, das sind vielleicht gute Hinweise für eine sicher unangenehme Situation. Dabei kommt es aber immer darauf an, in welcher Position man(n) / frau ist – ist man der/die, der/die geht oder der/die, der/die verlassen wird? Eben genannte Tipps lesen sich aus den verschiedenen Positionen ganz unterschiedlich…

Es fühlt sich nicht gut an, den Schlussstrich zu ziehen, Gemeinsames aufzugeben. Es ist oft schwer, den einst oder noch immer geliebten Menschen damit zu konfrontieren, vielleicht aus allen Wolken zu reißen. Das Ende einer Beziehung ist nicht immer ein Wunsch von beiden Seiten. Wer das Ende verkündet und „geht“ hat sich das oft lange im Voraus überlegt. Den verlassenen Partner hingegen trifft es vielfach spontan. Na ja, bei genauerer Betrachtung hätte man schon etwas merken könne, aber das will man meist nicht wahrhaben.

Wer eine Beziehung eingeht, hat in der Regel nicht vor, sich wieder zu trennen. Denken Sie an die erste Verliebtheitsphase Ihrer Beziehung. Wie lange hat diese gedauert? So wie die Annäherungsphase und rosa Wolken-Phase lange dauert, so lange dauert auch eine Trennung. Schließlich ist jede Trennung der Übergang in eine neue Lebensphase. In dieser Phase muss Vertrautes aufgegeben werden. Was kommt, wissen wir nicht und das verunsichert. Bekannte und bewährte Reaktionsmuster greifen nicht mehr und damit entsteht (emotionaler) Stress. Veränderungen brauchen Zeit. Wir erleben Veränderungen „leichter“, je länger die Vorbereitungszeit darauf ist.

Mit einer Trennung wird der Partner, der mit dieser konfrontiert wird, verletzt. Aber auch der Partner, der die Trennung ausspricht, hat sich das Ende der Beziehung wahrscheinlich so nicht vorgestellt. Trotz alledem… ein paar Hilfestellungen und Ideen:

  • Kommunizieren Sie wertschätzend. Sie haben diesen Menschen einmal geliebt (oder tun es sogar noch). Vorwürfe und Du-Botschaften sind fehl am Platz – ebenso wie „Ich bin Schuld“ -Aussagen. Wichtig sind Ihre Kränkungen und Ihre Bedürfnisse.
  • Vorsicht vor dem Fahrrad im Keller: überlegen Sie, wie viel Kontakt und Gemeinsamkeit Sie noch wollen. Vermeiden Sie, dass nach einer räumlichen Trennung noch viel Gemeinsames bleibt, z.B. Gegenstände im Haushalt des Anderen, gemeinsame Verpflichtungen organisatorischer oder finanzieller Art.  All dies sind Symbole für „Es ist noch nicht vorbei“. Das heißt, teilen Sie alles soweit an materiellen Dingen auf  wie nur irgendwie möglich.
  • Schwerer ist es mit dem „Fahrrad im Keller“, wenn es gemeinsame Kinder gibt. In vielen Fällen, werden die persönlichen Verletzungen über die Kinder ausgetragen. Denken Sie bitte daran, die Kinder sind in einer Zeit entstanden, in der Sie sich vermutlich sehr geliebt haben. Ihre Kinder haben sowohl Anteile von Ihnen als auch von Ihrem/r Partner/in. Und die Kinder sind nicht als Träger von Botschaften zwischen den Eltern zu missbrauchen.
  • In die Welt des anderen gehen: eine „gelungene Trennung“ setzt voraus, dass Sie nicht nur Ihre Bedürfnisse kennen und verfolgen, sondern auch versuchen, die Situation aus der Sicht Ihres Partners zu betrachten. Was brauche ich? Aber auch: was braucht mein Partner? Wie kann ich erklären, was mich verletzt und mich zu dieser Konsequenz bringt?  Die Klarheit darüber erleichtert eine gute Trennungs-Kommunikation.
  • Vom Symbol zur Ursache: wenn Sie wissen wollen, worum es wirklich geht, dann versuchen Sie gemeinsam hinter die Dinge zu sehen. Warum streiten wir so oft? Warum passen unsere Lebensentwürfe nicht zusammen? Warum ist einer fremdgegangen? All das sind Symbole für unerfüllte Entwicklungsbedürfnisse in der Partnerschaft. In einem Imago-Dialog können Sie von der Symbol, über die Bedürfnis- und Gefühlsebene zur Verbindung kommen und erkennen, worum es wirklich geht und warum es in der Partnerschaft nicht (mehr) geht. Und das können Sie einander mitteilen, Das ist vielleicht aufwändig, aber Sie lernen daraus auch viel für sich und nehmen etwas mit.
  • Holen Sie sich professionelle Hilfe: Sie gehen bei Krankheit zum Arzt, Sie lassen sich die Haare und die Nägel machen, Sie sind im Fitness-Studio – überall suchen Sie professionellen Rat für Aspekte Ihres Lebens. Warum soll man das in einer Stresssituation mit langfristigen Konsequenzen für alle Beteiligten sowohl auf der persönlichen als auch auf der finanziellen Ebene nicht auch tun?

Ich schließe diesen Beitrag mit einem Zitat von Oscar Wilde:

Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.

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