Seit Jahresbeginn haben wir eine neue Regierung und diese hat sich in ihrem Übereinkommen auch Gedanken zum Thema Familien-und Eherecht gemacht.
Im Regierungsübereinkommen heißt es im Kapitel Zivilrecht: „Dabei sollen unter anderem Regelungen wie Zweck der Ehe, Mitwirkungspflichten, gemeinsames Wohnen, Unterhaltszahlungen, Pensionssplitting und das Verschuldensprinzip überprüft und gegebenenfalls neu gefasst werden, wobei Grundsätze wie Schutz der Kinder, Schutz der schwächeren Partnerin bzw. des schwächeren Partners, vermeidungsverletzende Auseinandersetzungen und alle Formen des Zusammenlebens im Mittelpunkt der Überlegungen stehen sollen.“ In weiterer Folge wird erwähnt, dass die „Verkürzung des Zerrüttungszeitraums“ ein Punkt ist, bei dem Übereinstimmung besteht.
Was besagen das Verschuldensprinzip und der Zerrüttungszeitraum eigentlich? In Österreich kann die Scheidung begehrt werden, wenn die Ehe aufgrund einer schweren Verfehlung des anderen gescheitert ist. Natürlich gibt es daneben noch andere Formen einer Scheidung (z.B. einvernehmlich). Bei der Zerrüttung hingegen geht es um das endgültige Scheitern einer Ehe.
Das Verschuldensprinzip ist deshalb so wichtig, weil die Verteilung der Schuld letztendlich (in den meisten Fällen) Auswirkungen auf spätere finanzielle Regelungen, nämlich zum Unterhalt, hat. Der schlechter verdienende Ehepartner erhält nach einer Scheidung nur dann Unterhalt, wenn der ehemalige Partner oder die ehemalige Partnerin das überwiegende Verschulden an der Scheidung trägt. Diese Unterhaltsregelung ist natürlich unabhängig von möglichen Unterhaltsansprüchen für gemeinsame Kinder.
Aus den Verschuldensprinzip können sich aber eine Reihe von Herausforderungen und Problemen ergeben. So kann es zum Beispiel sein, dass PartnerIn A sich um Haushalt und Kindererziehung gekümmert hat, während PartnerIn B für das Haushaltseinkommen gesorgt hat. Nach einer Scheidung, sofern B nicht die Schuld zugesprochen wird, kann A Schwierigkeiten haben, den Lebensunterhalt für sich und gegebenenfalls die Kinder zu bestreiten. Hier gilt es also, einen gerechten Ausgleich zu schaffen.
Schuld ist in vielen Fällen auch eine moralische Frage, die auch dem Zeitgeist unserer gesellschaftlichen und moralischen Vorstellungen folgt. Es ist für RichterInnen in vielen Fällen schwierig, eine „Schuld“ eindeutig zu verteilen.
Es gibt Argumente, die dafürsprechen, das Verschuldensprinzip bei Scheidungen zu ändern oder abzuschaffen. Das geht allerdings nicht alleine. Es bedarf auch einer Ergänzung um eine Reform des Unterhaltsrechts. Eine Scheidung ohne gegenseitige Unterhaltszahlungen wäre nur dann angemessen, wenn beide Partner zuvor ein in etwa gleiches Einkommen erzielt haben. Je ungleichgewichtiger die Einkommensverteilung war (je mehr B also im Vergleich zu A verdient hat), desto größer wird der Bedarf von A sein, eine Unterhaltszahlung zu erhalten. Trotz großer Fortschritte in der Gleichberechtigung und der Erwerbstätigkeit von Frauen ist es heute nach wie vor so, dass viele Frauen zu Hause bleiben und die Kinder betreuen, während der Mann einer bezahlten Tätigkeit nachgeht. Im Falle einer Scheidung lässt sich diese Thematik nur auflösen, wenn das Unterhaltsrecht reformiert wird. Nur dann wäre PartnerIn A im Fall der Scheidung ausreichend abgesichert. Eine mögliche Bezugsgröße für den Unterhalt wäre daran zu messen, was PartnerIn A für die Ehe aufgegeben hat. So ergeben sich aus Teilzeitbeschäftigung oder Karenzzeiten erhebliche finanzielle Einbußen, die in eine Kalkulation der Unterhaltszahlung einfließen könnten. In diesen Zusammenhang müssen auch Einzahlungen in die Pensionskassa berücksichtigt werden.
Man darf daher gespannt sein, wie der Gesetzgeber das Vorhaben aus dem Regierungsprogramm umzusetzen wird.