Liebe Leserinnen und Leser,
die Weihnachtszeit…sie naht mit riesen Schritten…und damit auch die Wunschlisten unserer Kinder. Elektronische Medien sollen ja wieder hoch im Kurs stehen. In diesem Zusammenhang stellt sich mancher die Frage, wie viel Mediennutzung ist gut für mein Kind? Medien sind vielfältig, daher konzentriere ich mich im Folgenden auf ein besonders beliebtes Exemplar dieser Gattung – das Mobiltelefon.
Wissenschaftler von der Universität Bonn haben eine App entwickelt, um zu erforschen, wie häufig, wie lange und zu welchem Zweck User ihr Mobiltelefon zur Hand nehmen. Wer die entwickelte App herunterlädt, erlaubt dem Institut für Informatik der Universität Bonn diese Nutzungsdaten auszuwerten.
Es wurden die Daten von 60.000 Smartphone-Nutzern ausgewertet. Das Ergebnis: Zweieinhalb Stunden beschäftigten sie sich täglich mit dem Smartphone, Jugendliche sogar drei. Auch beim Abendessen mit dem Partner oder bei der Arbeit griffen die Probanden zum Handy, scrollten durch Nachrichten, checkten Mails. Unter den geöffneten Anwendungen seien besonders häufig Apps wie Facebook, WhatsApp und Pokerspiele genutzt worden. (Siehe näheres unter http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/digitaler-burnout-zu-viel-smartphone-macht-ungluecklich-a-1056361.html).
- Was denken Sie über diese Information?
- Finden Sie sich darin wieder?
Besonders zum Nachdenken bringt mich die Erkenntnis vom Leiter der Ambulanz der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bochum Bert te Wildt. Er geht davon aus, dass beim Scrollen über den Handyscreen die gleichen Stoffwechselvorgänge im Gehirn aktiviert werden wie bei Drogensüchtigen. Die ständige Kommunikation mit Freunden oder Arbeitskollegen über soziale Medien wie Facebook scheine dabei das größte Suchtpotenzial auszumachen. „Denn dort erhalten wir Aufmerksamkeit und Anerkennung“, so te Wildt.
- Wie viel an Medienzeit ist für unsere Kinder (noch) gut?
Der dänische Familientherapeut Jesper Juul hat in einem Interview die provokante, aber durchaus berechtigte Frage gestellt „hat das Mobiltelefon unser soziales Leben bereichert, oder war es bisher nur ein Versuch, der Einsamkeit zu entgehen?“ (siehe „Das handysüchtige Kind“ in derstandard.at). Einerseits prägt uns der Hunger nach sozialem Kontakt, aber warum vermeiden wir andererseits den nahen Kontakt zu unserem Partner und Kindern, denn das tun wir, wenn wir uns mit dem Mobiltelefon beschäftigen, anstatt uns mit dem Menschen, der am Tisch gegenüber sitzt, zu unterhalten.
In meinem Bekanntenkreis habe ich beobachtet, dass es kaum ein Treffen gibt, in dem nicht einer an seinem Handy etwas „nachsieht“. Wir treffen einander, um gemeinsame Zeit zu verbringen und die erste Tat ist, dank des Handys gleich wieder woanders, in virtuellen Welten, zu sein, als hier…was mir der Blick aufs Handy unseres Gastes verriet…
- Wie oft sehen Sie während eines Tages auf Ihr Handy?
Der Psychiater Paulus Hochgatterer vertritt die Ansicht, dass es ganz normal ist, wenn Jugendliche mit dem Handy am Morgen aufstehen und abends zu Bett gehen. Facebook macht nicht die Kinder krank, sondern die Eltern, weil sie mit dem Erfahrungstempo der Kinder nicht umgehen können. Hochgatterer bewertet es auch als normal, wenn Dreijährige auf dem iPad ein elektronisches Bilderbuch „wischen“. Diese Dinge, so Hochgatterer, seinen normale Adaptionsprozesse (Hochgatterer: „Facebook macht nicht die Kinder krank, sondern die Eltern“, in derstandard.at).
Ich folge Jesper Juul mit seiner Einschätzung, dass die Situation mit Handy und Tablet so neu ist, dass es uns in der Familie noch nicht gelungen ist, diesbezüglich „Kultur“ zu entwickeln. Es braucht wohl die Erwachsenen, die durch ihr eigenes Verhalten den Ton angeben und damit als Rollenmodell Vorbildwirkung haben…
Vielleicht wollen Sie zu Hause Medienzeit für die Handynutzung für alle einführen? In dieser Zeit ist es okay, sich am und mit dem Handy zu beschäftigen, Mails zu checken, im Internet zu surfen, etc.
Am Wochenende, in den Ferien und jedenfalls zu den Mahlzeiten sind Handy, Tablet udgl. – vielleicht sogar an einem gemeinsamen Ort im Haushalt – „geparkt“ und im besten Fall sogar ausgeschaltet. Es ist Familienzeit – Zeit für das Miteinander!
Es liegt an Ihnen, wie Sie die Medienkultur in Ihrer Familie leben wollen. Vielleicht bedarf es mehrerer Anläufe, Veränderungen und Anpassungen bis Sie Ihren Weg gefunden haben. Edison brauchte nahezu 2000 Versuche bis er die Glühbirne erfunden hatte. Insofern schließe ich diesen Newsletter mit einem Zitat von Thomas Alva Edison (1847-1931):
„Ich bin nicht entmutigt, denn jeder erkannte Irrtum ist ein weiterer Schritt nach vorn.“
Mit erkenntnisreichen Grüßen
Natascha Freund
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