Mit 1.1.2017 wurde das österreichische Erbrecht weitreichend novelliert. Dieses „neue“ Erbrecht gilt für alle Todesfälle, die sich ab den 1.1.2017 ereignen. Im Folgenden werden kurz einige Änderungen der Erbrechtsreform dargestellt.
Änderungen bei den pflichtteilsberechtigten Personen
Ein bestimmter Personenkreis der Familie soll nach dem Gesetz immer einen Erbteil erhalten. Dieser Personenkreis wird auch „Pflichtteilsberechtigte“ genannt. Diese pflichtteilsberechtigten Personen sollen auch dann einen Erbanteil bekommen, wenn sie vom Verstorbenen nicht im Testament bedacht wurden.
Bisher waren dies der Ehegatte, die Nachkommen, aber auch Eltern und weitere Vorfahren. Seit 1.1.2017 sind nur noch die Nachkommen (also die Kinder bzw. wenn diese bereits verstorben sind die Enkelkinder) und der Ehegatte oder der eingetragene Partner pflichtteilsberechtigt.
Automatische Aufhebung von Testamenten durch Scheidung
Hat man ein Testament errichtet, dann hatte dies (bis zur gegenständlichen Erbrechtsnovelle) so lange Gültigkeit bis man ein neues Testament schreibt oder man eben stirbt.
Wenn Sie ein Testament zugunsten Ihres Ehegatten gemacht haben und lassen Sie sich nach dem 1.1.2017 scheiden, so ist mit der rechtskräftigen Scheidung auch sogleich das einmal verfasste Testament automatisch aufgehoben. Dies gilt auch für die Auflösung eingetragener Partnerschaften und Lebensgemeinschaften.
Möchten Sie hingegen, dass das Testament auch nach der Scheidung bzw. Auflösung gültig bleibt, ist dies bereits im Testament vorzusehen.
Außerordentliches Erbrecht von Lebensgefährten
Bisher konnten Lebensgefährten zwar mit in einem Testament bedacht werden, doch hatten sie kein gesetzliches Erbrecht. Ab 1.1. 2017 haben nun auch Lebensgefährten einen gesetzlichen Erbanspruch. Dies aber nur, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Der Verstorbene hinterlässt keinen gesetzlichen Erben.
- Der Verstorbene hat auch in einem etwaigen Testament keinen Erben benannt.
- Der Verstorben und der Lebensgefährte haben zumindest die letzten drei Jahre vor dem Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt.
- Der Verstorbene war zum Zeitpunkt des Todes weder verheiratet noch in einer eingetragenen Partnerschaft.
Darüber hinaus gibt es nun auch für Lebensgefährten ein gesetzliches Vorausvermächtnis. Das bedeutet, dass der Lebensgefährte unter den oben genannten Voraussetzungen von c und d, das Recht hat, nach dem Tod des Erblassers vorerst (höchstens ein Jahr) in der gemeinsamen Wohnung weiter zu wohnen.
Erweiterung der Enterbungsgründe
Ab 1.1.2017 gelten nicht nur Straftaten gegen den Verstorbenen, sondern auch gegen nahe Angehörige des Verstorbenen, wenn diese nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, sowie grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis als Enterbungsgründe. Entfallen ist hingegen der Enterbungsgrund der „beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößigen Lebensart“.
Eine Enterbung ist z.B. dann möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Verstorbenen zu Lebzeiten im Notstand hilflos gelassen hat oder ihm gegenüber vorsätzlich eine gerichtlich strafbare Handlung mit mehr als einjähriger Strafdrohung begangen hat.
Pflegevermächtnis
Endlich werden nun auch Pflegeleistungen durch nahe Angehörige im Erbrecht berücksichtigt.
Demnach erhalten pflegende Personen ein gesetzliches Vermächtnis, wenn
- es sich bei ihnen um nahe Angehörige handelt und sie
- die Pflege am Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate lang
- in nicht bloß geringfügigem Ausmaß (in der Regel durchschnittlich mehr als 20 Stunden im Monat) und
- unentgeltlich (d.h. ohne Gegenleistung)
erbracht haben.
Änderung der Formvorschriften für Testamente
Aufgrund der Erbrechtsreform gelten strengere Formvorschriften für Testamente, insbesondere für das fremdhändige Testament.
Es ist nun erforderlich, dass der Erblasser neben seiner Unterschrift auch den handschriftlichen Zusatz hinzufügt, dass diese Urkunde seinen letzten Willen enthält. Darüber hinaus müssen alle drei Testamentszeugen bei der Unterfertigung anwesend sein. Die Zeugen haben ihre Identität wie etwa Vor- und Familienname, Geburtsdatum, Adresse, anzugeben.
Erben im EU-Ausland
Diese Regelung trat bereits mit 17. 8. 2016 mit der EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Darin wird geregelt, welches Erbrecht bei internationalen Erbfällen anzuwenden ist, und ist in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Irland und Großbritannien anzuwenden.
Entscheidend dafür welches Recht zur Anwendung kommt, ist nun nicht mehr die Staatsbürgerschaft, sondern es kommt die Rechtsordnung jenes Landes zur Anwendung, wo der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes hatte.
Erblasser, die das nicht möchten, können eine ausdrückliche „Rechtswahl“ etwa in einem Testament festlegen.
Quelle: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/79/Seite.793013.html