Kategorie: Recht (Seite 3 von 9)

Verletzung der Schulpflicht

Eltern haben ihr Kind ausschließlich zu Hause unterrichtet. Die Externistenprüfung hat das Kind ab der 3. Schulstufe nicht mehr abgelegt, weil diese im Widerspruch zur eigenen Erziehungspädagogik der Eltern steht. Auf Antrag des Stadtschulrates für Wien wurde den Eltern die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung in schulischen Angelegenheiten entzogen.

Zum Hintergrund:

Der minderjährige Sohn, geboren 2005, lebt gemeinsam mit seinem um drei Jahre jüngeren Bruder bei seinen Eltern. Die Eltern sind beide freiberuflich tätig und nach eigenen Angaben in der Zeitgestaltung selbstbestimmt. Der Sohn besuchte keinen Kindergarten, weil kein Kindergarten gefunden werden konnte, der mit der Philosophie bzw. Pädagogik der Eltern zusammenpasste. Die Eltern meldeten ihn vom verpflichtenden Kindergartenjahr ab und betreuten ihn zu Hause.

Ab der Schulpflicht wurde er zum häuslichen Unterricht abgemeldet. Er besuchte niemals eine Schule, sondern wurde und wird von den Eltern zu Hause betreut und unterrichtet. In den ersten beiden Schuljahren legte er die gesetzlich vorgesehene Externistenprüfung mit Erfolg ab. Die Externistenprüfung für die 3. Schulstufe (Schuljahr 2013/2014) legte der Sohn nicht ab, weil die Eltern die Form der Externistenprüfung im Widerspruch zu ihrer eigenen Erziehungspädagogik sehen und daher ablehnen. Auch später trat er zu keiner Externistenprüfung mehr an.

Die Eltern wechseln einander täglich mit der (Erwerbs-)Arbeit und der Kinderbetreuung ab. Zunächst findet ein gemeinsames Frühstück statt. Dann wird der Haushalt unter Beteiligung der Kinder erledigt. In der Folge „geht jeder Einzelne seinen Dingen nach“. Klassischer Unterricht in der Form, dass aus Büchern oder sonstigen Lehrmitteln gelernt würde, findet nicht statt. Die Eltern arbeiten mit dem Sohn den für jede Schulstufe vorgesehenen Lehrplan nicht durch, antworten jedoch auf seine Fragen.

Die Kinder lernen, indem sie Wünsche äußern und dann gemeinsam mit den Eltern Kurse suchen. So hat der Sohn einen Töpferkurs und einen Kurs bei der Freiwilligen Feuerwehr besucht. Rechnen wird etwa durch „Geschäftsmann spielen“ oder durch den Verkauf von Eintrittskarten für „Zaubershows“ gelernt. Schreiben wird zB durch Anfertigung von Briefen erlernt. In der Familie wird mit den Kindern regelmäßig gekocht. Durch viele Brett- und Sachspiele werden Sachinhalte vermittelt, etwa in welchen Ländern welche Tiere leben oder wo sich diese Länder befinden. Manche Fertigkeiten wie Messen oder Gartenarbeiten erlernt der Sohn beim Bau eines Holzhauses im Garten. Er interessiert sich für Gitarre und spielt damit, textet und lernt Noten.

Mit Schreiben vom 27. 7. 2015 beantragte der Stadtschulrat für Wien beim Erstgericht, den Eltern gemäß § 181 Abs. 2 ABGB die Obsorge für den Sohn zu entziehen. Die Eltern verhinderten die Erfüllung der Schulpflicht und lehnten auch die Externistenprüfungen ab. Gespräche mit den Eltern hätten nichts gebracht. Es bestehe die Sorge, dass der Sohn durch die verweigernde Haltung der Eltern einen großen Bildungsverlust erleide. Dadurch sei das Wohl des Sohnes beeinträchtigt.

Im Rahmen der Verfahren wurde festgestellt, dass das Kind ein offenes, freundliches, glückliches und zufriedenes Kind, das in seinem Erleben und Verhalten keine Auffälligkeiten und Defizite aufweist. Er ist emotional sehr gut entwickelt und weist ein ausgeprägtes Empathievermögen auf, er verfügt über gute Sozialkompetenzen. Er kann sich gut selbst beschäftigen und mit sich alleine sein. Er hat ein großes soziales Netzwerk und verbringt viel Zeit in Gruppen.

Im schulischen Bereich zeigen sich große Lücken und er ist diesbezüglich auf dem Stand der 2. Klasse Volksschule. Im Bereich des Allgemeinwissens weist er im Vergleich zu Gleichaltrigen deutliche Rückstände auf. Er schreibt überdurchschnittlich langsam in Druckbuchstaben und die Wörter schreibt er erst nach einer längeren Nachdenkphase richtig. Für die englische Sprache fehlen ihm ein Gefühl für die Sprache, die Freude am Erlernen derselben und auch grammatikalische Grundregeln. In Mathematik hingegen sind die Grundkenntnisse so gering, dass ein Nachholbedarf von 4 Jahren besteht.

Der Oberste Gerichtshof sprach sodann aus, dass die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl ihres Kindes gefährden. Die Gefährdung des Kindeswohls liegt nicht nur in den Wissenslücken, sondern auch im Fehlen von Nachweisen über Schulabschlüsse, wodurch das Kind in seinen künftigen Entwicklungsmöglichkeiten (Studium, Berufsausbildung) erheblich beeinträchtigt wird.

Der Oberste Gerichtshof entschied daher, dass die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung in schulischen Angelegenheiten und damit auch der Vertretung in diesem Bereich vorläufig von den Eltern auf das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen wird. Den Eltern wurde dabei jedoch aufgetragen, mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger bei der Erfüllung von dessen Pflicht, die Wissenslücken des Kindes zu beseitigen, zu kooperieren.

Den Eltern wurde die Übertragung der gesamten Obsorge jedoch nicht entzogen, weil, von den schulischen Belangen abgesehen, eine Gefährdung des Kindeswohls nicht vorliegt. Sollten aber die Eltern mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger nicht kooperieren, könnte dies künftig den gänzlichen Entzug der Obsorge im Rahmen der vollen Erziehung notwendig machen.

Quelle: OGH 25. 9. 2018, 2 Ob 136/18s

Kein Kontaktrecht ab 14?

Das Recht auf persönlichen Verkehr zwischen Eltern und Kind ist ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung. Daher wüscht sich der Gesetzgeber, die Ausübung des Kontaktrechts aufrecht zu erhalten. Eine Unterbindung des Kontaktrechts soll nur in Ausnahmefällen aus besonders schwerwiegenden Gründen zulässig sein.

Im Konfliktfall kann jedoch das Kontaktrecht zum Wohl des Kindes zurückgestellt werden. Dies kann dann erfolgen, wenn die nachteiligen Folgen des Kontakts zu schwerwiegend sind; die Zerrüttung der Eltern-Kind-Beziehung wird in diesem Fall in Kauf genommen.

Ob die Ausübung des Kontaktes große nachteilige Folgen hat, muss immer wieder im Einzelfall geprüft werden, insbesondere bedarf es einer konkret festgestellten Sachverhaltsgrundlage; unter Umständen ist hierzu auch die Erstellung eines Gutachtens erforderlich.

Das Gesetz sieht vor (§ 108 AußerstreitG), dass die Weigerung eines Minderjährigen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, Kontakt mit einem Elternteil auszuüben, zu berücksichtigen ist.

Auf diese Bestimmung ist auch dann Rücksicht zu nehmen, wenn das Verfahren vor Gericht (Antrag auf Regelung des Kontaktrechts) zu einem Zeitpunkt begonnen hat, als das Kind, das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, jedoch im Laufe des Verfahrens das genannte Alter erreicht. In diesem Fall ist der Antrag auf Regelung der persönlichen Kontakte vom Gericht ohne weitere Prüfung abzuweisen; dies insbesondere dann, wenn eine vierzehnjährige Minderjährige ausdrücklich die Ausübung der persönlichen Kontakte ablehnt und eine Belehrung über die Rechtslage und darüber, dass die Anbahnung oder Aufrechterhaltung des Kontakts mit beiden Eltern grundsätzlich ihrem Wohl entspricht, sowie der Versuch einer gütlichen Einigung erfolglos bleiben (OGH 27.5.2019, 1 Ob 54/19a).

Bei einer klaren Weigerung des Kindes erspart dies nicht nur dem Gericht Aufwand, sondern schafft auch klare Verhältnisse für die Eltern. Ohne die Notwendigkeit weiteren verbissenen Streits. Fucik äußert hier die optimistische Hoffnung, dass die Eltern dies akzeptieren und das Kind nicht noch mehr Loyalitätskonflikten aussetzen.

Quelle: iFamZ, Oktober 2019, S. 307.

Trennung auf Zeit

Bevor man sich scheiden lassen kann, muss man ein Jahr getrennt leben…das denken viele Betroffene. Stimmt das…?

Ein Trennungsjahr ist in der Regel nach dem deutschen Recht erforderlich. In Österreich ist ein solches Trennungsjahr nicht vorgesehen. Um eine strittige Scheidung einzubringen, bedarf es gar keiner Trennung; diese kann vielmehr jederzeit (jedoch idR innerhalb von 6 Monaten ab Setzung des Scheidungsgrundes) eingebracht werden.

Bei einer einvernehmlichen Scheidung gilt das sogenannte „Zerrüttungsprinzip“. Hier fordert das Gesetz, dass die Ehe für mehr als 6 Monate unheilbar zerrüttet und somit im gegenseitigen Einvernehmen beendet ist. Daraus ergibt sich übrigens auch die Mindestdauer einer Ehe – eine Ehe muss jedenfalls bevor sie geschieden werden kann mindestens 6 Monate gedauert haben.

Das bedeutet jedoch nicht, dass das Paar räumlich getrennt lebt. Im Gesetz heißt es vielmehr „Trennung von Tisch und Bett“. Wenn ein getrennter Wohnsitz dennoch erforderlich sein sollte, ist auch dies vor einer etwaigen Scheidung im beiderseitigen Einvernehmen – am besten schriftlich – zu vereinbaren. In diesem Zeitraum (6 Monate) gelten die gleichen Unterhaltsregeln, wie in aufrechter Ehe.

Fazit: In Österreich können Sie sich grundsätzlich nach 6 Monaten scheiden lassen, wenn Sie sich einig sind und demnach eine einvernehmliche Scheidung anstreben. In dieser Zeit hat das Paar grundsätzlich keinen getrennten Wohnsitz. Bei einer strittigen Scheidung kann die Klage ohne Vorlaufzeit eingebracht werden.

Quelle: Scheidungsinfo.at sowie weiterführend help.gv.at

Erben in einer Lebensgemeinschaft

Ein während der Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft errichtetes Testament hat nicht immer dauerhaften Bestand.

Im vorliegenden Fall hat ein Mann im Jahr 2004 ein Testament zugunsten seiner damaligen Lebensgefährtin als Alleinerbin errichtet. Im Jahr 2017 verstirbt der Erblasser.

Die Lebensgemeinschaft wurde noch zu Lebzeiten des Erblassers mit der begünstigten Lebensgefährtin beendet. Im Erbrechtsverfahren bringt die nunmehrige Ex-Lebensgefährtin vor, dass der Erblasser auch nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft mehrfach erklärt hat, sein Testament unverändert aufrecht erhalten zu wollen.

Im österreichischen Recht ist jedoch vorgesehen, dass mit Auflösung der Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft zu Lebzeiten des Verstorbenen davor errichtete letztwillige Verfügungen (Testamente), soweit sie den früheren Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten betreffen, aufgehoben sind. Dies gilt nicht, wenn der Verstorbene ausdrücklich das Gegenteil anordnet.

Im gegenständlichen Fall hätte der Verstorbene in sein Testament bereits aufnehmen müssen, dass das Testament auch bei einer möglichen Trennung weiterhin Bestand hat.

Die genannte Bestimmung – § 725 Abs 1 ABGB – wurde mit der Erbrechtsänderung ErbRÄG 2015 (BGBl I 2015/87) eingeführt. Das Testament im zitierten Fall zuvor wurde 2004 errichtet, also vor der Novellierung. Dennoch kann man sich, so der Oberste Gerichtshof, darauf nicht berufen.

OGH 2 Ob 192/18a vom 29.04.2019

Ferialpraktika

Sommerzeit ist ganz oft für Kinder und Jugendliche Ferienzeit. Manche Jugendliche suchen sich einen Ferialjob. Was gilt es dabei zu beachten:

Um als Jugendliche/als Jugendlicher in den Ferien arbeiten zu dürfen, müssen prinzipiell folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Alter: ab 15 Jahren
  • Beendigung der allgemeinen Schulpflicht

Personen unter 15 Jahren, die die Schulpflicht bereits beendet haben, dürfen nur im Rahmen von

  • Lehrverhältnissen
  • Besonderen „Ferialpraktika“, die dazu dienen, während des Schuljahres versäumten Unterricht nachzuholen
  • Pflichtpraktika nach dem Schulorganisationsgesetz

beschäftigt werden.

„Echte Ferialpraktikanten“ sind Schülerinnen/Schüler bzw. Studentinnen/Studenten, die eine im Rahmen des Lehrplanes bzw. der Studienordnung vorgeschriebene oder übliche Tätigkeit verrichten.

Anmeldung

Eine Anmeldung bei der Sozialversicherung als Dienstnehmerin/Dienstnehmer muss nur erstattet werden, wenn die Ferialpraktikantin/der Ferialpraktikant Taschengeld vom Dienstgeber erhält. Wird die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, unterliegen Ferialpraktikantinnen/Ferialpraktikanten der Vollversicherung (d.h. Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung). Erhält die Ferialpraktikantin/der Ferialpraktikant jedoch kein Taschengeld, ist sie/er nur aufgrund der gesetzlichen Schüler- bzw. Studentenunfallversicherung unfallversichert. Eine Anmeldung zur Unfallversicherung durch die Dienstgeberin/durch den Dienstgeber ist nicht gesondert erforderlich.

Entgelt

Ob ein Entgelt bezahlt wird oder nicht, obliegt – mit Ausnahme jener Kollektivverträge, die eine ausdrückliche Regelung vorsehen – der freien Vereinbarung zwischen Arbeitgeberin/Arbeitgeber und Praktikantin/Praktikant.

Wird für die Ferialpraxis ein Entgelt bezogen, kann dies bei Jugendlichen über 19 Jahren dazu führen, dass die Zuverdienstgrenze für die Familienbeihilfe überschritten wird und daher die Familienbeihilfe zumindest teilweise zurückbezahlt werden muss. Die Zuverdienstgrenze beträgt 10.000 Euro brutto an zu versteuerndem Einkommen pro Kalenderjahr. Wird der Betrag von 10.000 Euro überschritten, ist ab dem Kalenderjahr 2013 jener Betrag zurückzuzahlen, um den der Grenzbetrag überschritten wurde.
Bei Überschreitung der Zuverdienstgrenze muss die Familienbeihilfe im darauf folgenden Jahr neu beantragt werden.

Für Jugendliche unter 19 Jahren hat die Zuverdienstgrenze keine Bedeutung.

 

Quelle und weiterführende Links:

https://www.oesterreich.gv.at/themen/arbeit_und_pension/arten_von_beschaeftigung/2.html

Broschüre „Rechtliche Situation von Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich“ (BMASGK)

Arbeit von Kindern und Jugendlichen (Arbeitsinspektion)

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