Schlagwort: Beziehung (Seite 1 von 5)

Gudrun Halbrock

Kennen Sie Gudrun Halbrock? Nein? Ich bis vor kurzem auch nicht, bis ich 2 Interviews mit ihr las – in den Zeitschriften „Die Zeit“ und „Der Spiegel“.

Gudrun Halbrock zeichnet sich durch folgende Besonderheiten aus: Zum einen ist sie 95 Jahre alt und das ist auch heute noch eine Seltenheit. Zum anderen arbeitet sie noch als Therapeutin für Kinder und Erwachsene. Sie berät also Eltern und Familien zum Beispiel bei Fragen der Kindererziehung und dass, nachdem Sie die Ausbildung zu diesem Beruf erst mit Mitte 50 begann.

Nun könnte man meinen, die Frau sei doch zu alt, zu unmodern oder unwissend, was Beratung in der heutigen Zeit angeht. Und warum tut sie sich das überhaupt an. Darauf hat sie eine Antwort, die so erfrischend ist, dass ich sie unkommentiert zeige:

„Ich bin doch nicht blöd und sitze auf dem Sessel und lese nur Zeitung. Ich sehe etwa zehn Patienten pro Woche und erlebe, wie dankbar sie sind, dass ich so viel Erfahrung habe. Ich staune auch immer wieder über mich selbst, dass mir in den Sitzungen stets einfällt, was die einzelnen Patienten und Patientinnen brauchen.“

Wenn man das liest, dann denkt man unwillkürlich an die Kindererziehung von heute. Hat man alles richtig gemacht? Was ist mit den Helikoptereltern? War es früher strenger? Schenken wir unseren Kindern heute genug oder zu viel Aufmerksamkeit und Freiraum?

Frau Halbrock hält es daher für sinnvoll, wenn Eltern die Kindererziehung erlernen und zwar nicht „am Kind“, sondern theoretisch bzw. von einer Institution angeleitet. Sie vergleicht es mit dem Autofahren, für das man sein Können auch mit einer Führerscheinprüfung nachweisen muss, bevor man auf die Straße gelassen wird.

„Viele Eltern lassen sich in ihrer Erziehung keine Vorschriften machen (…). Vor vielen Jahren sah ich eine Sendung darüber, wie Hunde wertschätzend trainiert werden können. Da dachte ich, dass es auch ein Training für Eltern geben muss. Sie kriegen doch Erziehungsgeld. Ja, für welche Erziehung denn? Das Elterngeld darf es nicht nur fürs Wohnen und für die Ernährung der Kinder geben. Eltern müssten einen Nachweis über ihre Erziehungskompetenz erbringen. Ein achtwöchiger Kurs mit wöchentlich zwei Stunden, das ist das Minimum.“

Interessant finde ich, dass wir viele Dinge im Leben tun, ohne darauf vorbereitet zu sein. Sowohl was Beziehung als auch Familie und Kinder angeht – wir müssen probieren – und viele scheitern daran. Bei Kindern kommt hinzu, dass es sich um Wesen handelt, die zu Beginn von uns und unseren richtigen oder falschen Entscheidungen abhängig sind – ein bisschen Training schadet vielleicht nicht.

In Österreich gibt es die sogenannte Erziehungsberatung. Sie kann gerichtlich angeordnet werden, wenn es Probleme in der Erziehung gibt, zum Beispiel wenn sich Eltern trennen und negatives Verhalten an den Kindern oder über die Kinder ausgelebt wird. Schon oft habe ich als Beraterin erlebt, wie schwierig es ist, in einem solchen Kontext mit Kindern, die vielleicht 12 oder älter sind, Dinge wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Was wäre anders, wenn alle Eltern ein Training, wie von Frau Halbrock angedacht absolvieren würden?

Egal wie, der Kontakt zum Kind erscheint mir wichtig. Ein Tipp von Frau Halbrock, dem ich mich voll anschließen kann, betrifft die Kommunikation:

„Sie sollten es sich zur Gewohnheit machen, sich mit ihrem Kind abendlich auszutauschen. Sie könnten fragen: Was war heute schön für dich, und was war unglücklich? Eltern können dann auch von sich erzählen, was sie bewegt, kindgerecht natürlich. Dann ist es kein Ausfragen, sondern sie zeigen, dass sie sich wirklich für ihr Kind interessieren.“

 

Diesen Beitrag schließe ich mit folgendem Zitat:

„Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen.“

(Augustinus Aurelius)

 

Quelle: https://www.spiegel.de/familie/kindererziehung-psychotherapeutin-darueber-was-seit-jahrzehnten-schieflaeuft-a-639e5073-b4fb-4ccd-a1d6-9960a42c4441 (abgerufen am 8.10.2021)

Empathie

Vor einiger Zeit hörte ich einen spannenden Podcast zum Thema Empathie, den ich Ihnen auch empfehlen möchte (Link am Ende des Beitrags). Es waren die Zeiten des weichen und dann harten Lockdowns, der US-Wahlen und des Terroranschlags in Wien, eine für viele Menschen seelisch belastende Zeit.

In dem Podcast ging es um Empathie – was man darunter versteht, wie sie hilft, was man dazu braucht.

Aber was ist eigentlich Empathie. Viele verstehen unter diesem Begriff das Mitgefühl – aber es ist etwas leicht anderes – nämlich Einfühlen. Sehr deutlich wurde mir, dass das echte Mitfühlen (oder auch Mit-Leiden) viele schwierige Aspekte haben kann. Wer mit den Sorgen eines anderen Menschen so mitfühlt, als erlebe er dieses Gefühl selbst, der gibt viel Kraft und Emotion und das ist nicht gut für jeden, denn man kann von negativen Mit-Gefühlen „überrannt“ werden. Das „Einfühlen“ bezieht sich eher darauf, darauf zu achten, wie es dem Gegenüber geht, ohne die Gefühle zu übernehmen.

Die Forschung unterscheidet die emotionale Empathie (das echte Mitfühlen wie oben beschrieben), die kognitive Empathie (im Wesentlichen auf der Verstehensebene, ohne in die andere Person hineinzugehen) und die „compassionate“ (mit/einfühlende Empathie), also jene, bei der man versteht, was im Gegenüber vor sich geht, ohne selbst davon emotional mitgerissen zu werden.

Ich lerne, das folgende Merkmale einen empathischen Menschen ausmachen:

  • ein besseres Sensorium als andere Menschen
  • trösten, zuhören, helfen können
  • die Fähigkeit, einem anderen zuzuhören, ohne gleich mit eigenen Meinungen, Tipps und Reaktionen zu kommen

Empathie ist angeboren. 98% der Menschen könnten das, aber die Ausformung ist unterschiedlich. Die Fähigkeit zur Empathie in der Gesellschaft geht im Übrigen zurück, aber man kann Empathie auch lernen und verbessern. Empathie ist in höheren Einkommensschichten übrigens schlechter ausgeprägt als in anderen Schichten.

Und wie trainiert man Empathie?

  • Aktiv zuhören und nicht gleich antworten. Unvoreingenommene Aufmerksamkeit dem Gegenüber schenken.
  • Nicht unterbrechen, sondern dem Anderen das Gefühl des Gehört-Werdens vermitteln.
  • Gesichtsreaktionen des Gegenübers verfolgen.

Der wahre Kern von Empathie ist Neugierde, d.h. man sollte wirklich nachfragen, wie es dem Menschen geht. Laut dem Podcast sind empathische Menschen

  • glücklicher
  • gesündere und haben bessere Beziehungen
  • spüren Vertrauen

Empathie fördert Empathie im Gegenüber und macht innovativer sowie hilft bei der Konfliktvermeidung. Empathie hilft bei der Selbstregulation, weil man Handlungen anderer besser einschätzen kann. Das macht einen dann weniger ängstlich/besorgt. Kindern empathischer Eltern geht es psychisch und physisch besser, aber interessanterweise zeigen solche Eltern höhere Entzündungswerte, weil sie Sorgen und Ängste übernehmen.

Empathie ist ein wichtiges Element in unserer Gesellschaft, gerade in diesen Zeiten. Zeigen wir unseren Mitmenschen Empathie, vor allem jenen, die sie brauchen, damit sie sich verstanden und gehört fühlen.

 

Quelle zum Nachhören:

https://www.derstandard.at/story/2000121607189/podcast-warum-empathie-gluecklich-macht-und-wann-sie-ungesund-wird

 

24 Stunden ohne…

Neulich fragte der Standard seine LeserInnen: „24 Stunden ohne Männer: Liebe Userinnen, wie würden Sie diese verbringen?“ Diese Frage ist in verschiedenen Medien schon häufiger gestellt worden und soll zum Nachdenken anregen, wie Frauen 24 Stunden auf der Welt nutzen dürfen. Als Nebenbedingung gilt, dass die Männer nicht zu Schaden kommen und dass auch alle nach den 24 Stunden zurückkommen. Diese Nebenbedingung ist wichtig, schränkt sie die Handlungsmöglichkeiten doch ein wenig ein – denn Antworten wie „Ein neues Leben beginnen“ werden dann schwerer, wenn das alte Leben nach 24 Stunden zurückkehrt.

Die Antworten waren so verblüffend wie ehrlich. Oft ging es um das Ausleben von Freiheiten und die Überwindung von Konventionen und Einschränkungen. Viele Frauen gaben zur Antwort, sich anders anziehen zu wollen, mehr und angstfrei draußen zu sein, einmal zu tun, was einem sonst verwehrt ist (zum Strand fahren, nachts spazieren gehen). Was kann man daraus schließen? Männer – sowohl abstrakt als Gruppe wie auch konkret als Partner – definieren einen Rahmen (mit), in dem sich Frau mit Grenzen konfrontiert sieht?

Spannend wäre aber auch die Frage: „24 Stunden ohne Frauen: Liebe User, wie würden Sie diese verbringen?“ Diese Frage hat, soweit ich weiß, noch keiner gestellt. Was erwarten wir für Antworten? In Teilen vielleicht etwas Ähnliches (legerere Kleidung), vielleicht auch mehr Extrovertiertes (Stichwort: Männerabend). Man weiß es nicht, kann vielleicht vermuten, dass die Antworten sich mehr auf das Handeln beziehen, wenn die Partnerin nicht da ist und weniger, dass Frauen abstrakt als Gruppe 24 Stunden nicht vorhanden wären.

In beiden Richtungen wird offenbar durch die Abwesenheit des anderen Geschlechts etwas möglich, was sonst durch Grenzen limitiert ist – ein freies Verhalten, ohne dass dieses durch das andere Geschlecht bewertet wird (dies spürt man v.a. beim Thema Kleidung). Die Abwesenheit von Männern bzw. Frauen ermöglicht Frauen bzw. Männern, mehr Freiheiten auszuleben. Normalerweise endet die Freiheit des Einzelnen dort, wo das „freie Verhalten“ die Freiheiten eines anderen Menschen berührt, also dessen Grenzen überschreitet. Diese Freiheiten und Grenzen wären für 24 Stunden verschoben.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, über Freiheiten und Grenzen zu reden. Im Paarkontext kann man im Coaching erörtern, was einem in der Beziehung fehlt, wo man sich begrenzt fühlt und wie ein/e PartnerIn dazu beitragen kann, dass man sich auch in Anwesenheit des anderen Geschlechts sicher fühlt, dass zu tun und so zu sein, wie man wirklich ist, ohne Bewertungen und Urteile anderer zum Maßstab des eigenen Verhaltens zu machen. Genau diese Gespräche führe ich mit Paaren in meiner Praxis immer wieder und merke, dass diese Gespräche es möglich machen, gemeinsam Grenzen zu verschieben.

Beziehung – kann doch jeder…?!

Können Sie gut kochen? Und wie sieht es mit Ihren sportlichen Fähigkeiten aus? Eher gut oder mäßig? Haben Sie Talente beim Handwerken? Und manchmal wird auch gefragt: „Kann er/sie Kanzler?“

Bei all diesen Fragen, haben sie sicher eine Antwort von „eher schlecht“ über „mittel“ bis „wirklich gut“. Und nun folgende Frage:…„Können Sie Beziehung?“ Vielleicht wundern Sie sich über die Frage, weil Sie meinen, dass „Beziehung können“ doch keine Fähigkeit ist. Vielleicht doch, denn bei einer Scheidungsrate von knapp 50% bedeutet das doch wohl, dass diese Menschen es „nicht können“ – zumindest nicht mit dem konkreten Partner / der Partnerin.

Muss man denn Beziehung lernen? Ich denke ja, denn als Single treffen Sie alle Entscheidungen allein und tragen auch alle Konsequenzen selbst. In einer Beziehung kann man das auch machen, aber es betrifft den Partner / die Partnerin vielleicht auch.

Menschen, die gute Beziehungen haben, bringen Fähigkeiten, Eigenschaften ein, die eine Beziehung „erfolgreich“ machen im Sinne von stabil, erfüllend oder bereichernd.

Ich lade Sie ein, sich ein paar Gedanken zum Thema zu machen und sich einigen Fragen zu stellen, z.B.:

  • Was erwarte ich mir von meinem Partner / meiner Partnerin?
  • Wohin soll unsere Beziehung steuern?
  • Welche Grenzen sind mir wichtig? Wieviel Nähe brauche ich oder kann ich zulassen?

Es macht auch Sinn, diese Fragen gemeinsam zu besprechen, sich auszutauschen und dort, wo Unterschiede bestehen zu fragen, woher diese kommen? Wie haben wir bestimmte „Beziehungssituationen“ in unserer Ursprungsfamilie erlebt und was hat das mit uns gemacht?

Ob man Beziehung „kann“ oder wie gut, hängt von vielen Faktoren ab, und Paare sollte in schlechten und noch viel mehr auch in guten Zeiten darüber nachdenken, was ihre Beziehung gut macht und was sie dazu beitragen können, dass es so bleibt.

Sie kennen ja mein Motto …“Liebe ist Arbeit – vermutlich die Schönste der Welt“

Liebe ist Arbeit…

Wenn sich ein Paar in guten Tagen auf die Gefahren der Trennung vorbereitet, müssen sich beide von einer Illusion verabschieden…auch wenn Sie sich ewige Treue schwören – wir alle wissen nicht was kommt. Daher ist die GEMEINSAME Arbeit an der Beziehung so wichtig.

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