Schlagwort: Eltern (Seite 2 von 5)

Trennung der Generationen oder man sieht sich im Leben immer 2 Mal

In meiner Praxis berate ich viele Paare, die in einem oft schmerzhaften Prozess der Entfremdung oder Trennung sind bzw. daran arbeiten, aus dem Trennenden wieder zum Gemeinsamen zu kommen. Wenn wir über Trennung sprechen, dann eben oft über die Trennung von Paaren.

Es gibt aber auch eine nicht unbeträchtliche Zahl von Trennungen zwischen Generationen, wenn z.B. Kinder den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen. Auch das ist ein scheinbar unumkehrbares Ende einer langen Beziehung im familiären Kontext. Dazu gab es bei Spiegel-Online (23.12.2018) ein interessantes Interview mit der Psychologin Sandra Konrad, auf das ich mich hier teilweise beziehe und dazu auch eigene Überlegungen einbringe.

Dieser Abbruch erfolgt aber nie so ganz, denn, wie wir aus der Imago-Lehre wissen: Familie ist das, aus dem man nicht aussteigen kann. Eltern bleiben immer Eltern, egal wie schlecht das Verhältnis sein mag. Deshalb gibt es ganze andere, unsichtbare Bindungswirkungen, die unser Verhalten gegenüber unseren Eltern bis ins hohe Erwachsenenalter prägen. Gerade unser Umgang in bestimmten Situationen, den wir von zu Hause mitgenommen haben, bestimmt unseren Gang durch die Welt (z.B. wie Feste gefeiert werden oder wie sich um andere Menschen gekümmert wird).

Kontaktabbruch verschafft vielen zunächst einmal eine Erlösung vom Schmerz und es verschafft auch Macht, nämlich das Gefühl, selbstbestimmt entschieden zu haben. Genau dieses Verhalten kann aber bei den Eltern wiederum Schmerz und Unverständnis hervorrufen. Ein interessanter Gedanke dabei ist, dass, wer unter seinen Eltern leidet vielleicht erlebt, dass die Eltern auch ihre eigenen Kindheitsverletzungen übertragen, die nie geheilt wurden. Ein heute erwachsener oder alter Mensch, der seine Kinder schlecht behandelt, hat auch eine eigene Geschichte in der er oder sie als Kind – vermutlich schlecht – behandelt wurden.

Wie die Überschrift aber sagt – man sieht sich im Leben immer zwei Mal: der Abbruch mag zwar lange dauern, aber irgendwann treten Entwicklungen ein, die man gegebenenfalls nicht mehr kontrollieren kann. Eine davon sind die eigenen Kinder, die nach Oma und Opa fragen – was soll man ihnen sagen? Das andere ist gegebenenfalls der Prozess der Alterung und das Lebensende. Was tun, wenn das Telefon klingelt und die Mutter sagt: „Dein Vater liegt im Sterben, vielleicht möchtest du dich noch aussöhnen?“

Was hilft? Wichtig ist auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und herauszufinden, was einem selbst gut tut. Helfen können auch sogenannte Familienaufstellungen. In dieser Form der Beratung stellt der Klient die Mitglieder seines Umfeldes auf einem Brett im Verhältnis zu sich selbst auf. Dies lässt erkennen, wie dieser Klient zu seiner Umwelt steht, welche Bindungs- und Spannungsverhältnisse bestehen und es hilft herauszufinden: in welchem Abstand oder in welcher Nähe und in welcher Beziehung will ich zu meinen Eltern stehen.

Kinder lieben ihre Eltern zunächst blind,

später fangen sie an, diese zu beurteilen,

manchmal verzeihen sie ihnen sogar.

Oscar Wilde

Wenn Eltern enttäuscht werden

Erleben Sie das eventuell von Zeit zu Zeit: Sie sind Elternteil, ihre Kinder wachsen heran, werden von Säuglingen zu Schulkindern, zu Jugendlichen und zu jungen Erwachsenen: und dann verhalten sie sich manchmal ganz anders, als wir es uns als Eltern gewünscht, erwartet und von den Kindern erhofft hätten?

Dieser Prozess ist zunächst einmal schmerzhaft, er ist aber auch für die Entwicklung der Beziehung zwischen Eltern und Kindern wichtig. In einem Artikel in Bento / Spiegel Online Spiegel erschien Ende des Jahres 2019 ein Artikel zum Thema: „Eltern enttäuschen: Warum es okay ist und wie wir lernen, damit umzugehen“

In einem Interview mit Michael Bordt ging es zunächst um die Definition von Enttäuschung: dabei fällt eine Täuschung weg und es macht es für den Beobachter erforderlich, die Welt so zu betrachten wie sie tatsächlich ist und nicht wie man sie gerne hätte. In der Eltern-Kind-Beziehung ist das besonders wichtig, denn diese ist im Wesentlichen dadurch geprägt, dass die Eltern wissen und sich daran orientieren, wie ein kleines Kind zu behandeln ist. „Das führt dazu, dass die Eltern auch mein späteres Verhalten bis ins hohe Alter auf dem Hintergrund der Erfahrung interpretieren, die sie mit mir gemacht haben als ich ein Kind oder ein Jugendlicher war.“ Natürlich kann diese Haltung nicht berücksichtigen, dass das Verhalten, die Erfahrungen, die Kenntnisse und die Werte von Kindern sich über die Zeit entwickeln.

Michael Bordt sagt, dass Kinder üblicherweise ihre Eltern in sehr jungen Alter „vergöttern“. „Sie sind unsere Beschützer, unsere Ernährer. Wir sind vollständig von ihnen abhängig. Sie schenken uns im besten Fall Geborgenheit, Anerkennung, Liebe – all das, was wir brauchen.“ Und er führt weiter aus: „Erwachsenwerden heißt auch, sich einen kritischen Umgang mit den eigenen Ansprüchen den Eltern gegenüber anzueignen und zu verstehen, dass sie uns nicht immer die Anerkennung geben können, die wir uns von ihnen wünschen oder die wir sogar erwarten.“

Ansprüche von Eltern sind heute oftmals sehr hoch, was ihre Kinder angeht und sie geben Ihnen dieses Gefühl, etwas „ganz Besonderes“ erreichen zu können und etwas Großartiges leisten zu können auch mit. Es kann sein, dass Kinder, die zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen heranreifen sich in Bezug auf ihre Fähigkeiten dann überschätzen und nicht das werden, was sich die Eltern gewünscht oder für die Kinder vorgestellt hätten (Astronaut, Chefarzt oder ProfessorIn). Dass es ein erstes Beispiel für eine Enttäuschung, die Eltern verspüren können.

Diese Erlebnisse beruhen zu einem großen Anteil auf dem Verständnis und den liebevollen Umgang, den Eltern heute mit ihren Kindern pflegen. Die heutige Elterngeneration hat in jungen Jahren nicht so viel Unterstützung, Verständnis und Förderung erhalten, sondern musste oft mit sich selbst und der Welt klarkommen. In der Konsequenz bedeutet das in den Worten von Michael Bordt: „…es führt in manchen Fällen dazu, dass junge Menschen das Gefühl haben, die Familie sei der einzig sichere Ort. Und wenn so viel auf dem Spiel steht, fällt es besonders schwer, das zu enttäuschen und sich abzugrenzen.“

Ein wichtiger Aspekt es auch die Erziehung bzw. das Wertesystem der Erwachsenen: in jungen Jahren übernehmen die Kinder die Werte und akzeptieren die Erziehung ihrer Eltern. Sobald sie älter werden, eigene Erfahrungen machen, lernen sie auch sich abzugrenzen und ihre eigenen Werte zu entwickeln, die zum Teil im Konflikt mit den Eltern stehen. Dies ist für Eltern oft auch eine schwere Enttäuschung, wenn sie sehen, dass ihr Wertesystem von den Kindern nicht übernommen und gelebt wird. Es ist aber auch wiederum ein wichtiger Teil des Prozesses das Erwachsenwerdens.

Kinder geraten dann oft in Konflikte, wenn sie selbst spüren, dass ihre Eltern enttäuschen, weil sie eben anders sind und sich anders verhalten. Für Kinder ist dann das wichtigste, die Erfahrung zu machen, dass ihre Eltern sie trotz der Änderungen seit ihrer Kindheit und Jugend akzeptieren, so wie sie sind und dass die Anerkennung und die Liebe sich dadurch nicht ändern, weil ein Kind erwachsen wird und eigene Vorstellungen hat.

Wenn nun schon Konflikte bestehen, wie kann man dann damit umgehen? Wichtig ist, sobald man spürt, dass es ein fehlendes Verständnis, mangelnde Kommunikation oder Enttäuschung gibt, mit Wertschätzung und positivem Engagement die Themen anzusprechen und versuchen, sie zu lösen dabei sollte man von der Symbolebene wie Berufswahl, Freundeskreis, Freizeitverhalten vielmehr auf die Ebene zwischen Eltern und Kind eingehen, nämlich die Frage, ob man sich gegenseitig akzeptieren kann, auch wenn das Verhalten nicht so ist, wie man es sich einmal gewünscht und vorgestellt hat. Solche Diskussionen sind schwierig, können zur Eskalation führen, müssen aber nicht, wenn man sie warmherzig und Wertschätzung angeht.

Eine Stunde Zeit mit Papa…

Wenn dich jemand liebt, heißt das, dass du einen Teil seines Lebens, seiner Zeit und seiner Aufmerksamkeit einnimmst.

Die folgende Geschichte, die im Internet kursiert, bringt, so scheint mir, ganz gut zum Ausdruck, was ich sagen will:

Eines Nachts, als alle im Haus tief und fest schlafen, steht der fünfjährige Ernesto aus seinem Bett auf und tapst zum Zimmer seiner Eltern. Er bleibt neben dem Bett seines Vaters stehen und zupft an der Decke, bis er wach wird.

„Was verdienst du eigentlich, Papa?“, fragt er.

„Hä? Was …?“, stammelt der Vater schlaftrunken.

„Was du auf der Arbeit verdienst.“

„Kind, es ist zwölf Uhr nachts. Geh schlafen.“

„Ja, Papa, ich geh ja schon, aber was verdienst du denn jetzt?“

Der Vater setzt sich im Bett auf und schimpft leise vor sich hin:

„Du gehst jetzt auf der Stelle ins Bett! Das sind keine Themen, die dich was angehen. Und schon gar nicht um Mitternacht!“ Damit weist er zur Tür.

Ernesto lässt den Kopf hängen und geht wieder in sein Zimmer.

Am nächsten Morgen überlegt der Vater, dass er zu streng zu Ernesto gewesen ist und man ihm seine Neugier nicht zum Vorwurf machen kann. Um das Ganze wiedergutzumachen, sagt der Vater beim Abendessen zu dem Kleinen:

„Was deine Frage von heute Nacht angeht: Ich bekomme 2800 Pesos Gehalt, aber nach Abzug der Steuern bleiben 2200 übrig.“

„Hui! Das ist aber viel, Papa!“, antwortet Ernesto.

„So viel ist das gar nicht, mein Sohn. Die Ausgaben sind hoch.“

„Aber du arbeitest viel.“

„Ja, sehr viel.“

„Wie viele Stunden?“

„Den ganzen Tag, mein Sohn.“

„Ah.“ Der Sohn nickt und setzt dann hinzu: „Dann hast du viel Geld, oder?“

„Schluss jetzt mit der Fragerei. Du bist zu klein, um über Geld zu reden.“

Es wird still im Wohnzimmer, und alle gehen schweigend ins Bett. In dieser Nacht werden die Eltern erneut von Ernesto aus dem Schlaf gerissen. Diesmal hat er ein Blatt Papier mit darauf gekritzelten Zahlen in der Hand.

„Papa, kannst du mir fünf Pesos leihen?“

„Ernesto, es ist zwei Uhr nachts!“, schimpft der Vater.

„Ja, aber könntest du …?“

Der Vater lässt ihn nicht ausreden:

„Deshalb fragst du dauernd nach dem Geld, du Rotzbengel! Geh auf der Stelle ins Bett, bevor ich dir den Pantoffel um die Ohren haue! Raus hier! Ab ins Bett, los.“

Und wieder, diesmal schluchzend, tapst Ernesto zur Tür.

Eine halbe Stunde später geht der Vater zu seinem Sohn ins Zimmer, vielleicht, weil er gemerkt hat, dass er zu weit gegangen ist, vielleicht auf Vermittlung der Mutter oder ganz einfach, weil ihn die Schuldgefühle am Einschlafen hindern. Von der Tür aus hört er leises Schluchzen.

Der Vater setzt sich zu seinem Sohn auf die Bettkante und sagt:

„Tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe, Ernesto. Aber es ist zwei Uhr nachts, alle schlafen, die Geschäfte haben geschlossen … Hätte das nicht Zeit bis morgen gehabt?“

„Doch, Papa“, antwortet der Junge schniefend.

Der Vater holt sein Portemonnaie und nimmt einen Fünf-Peso-Schein heraus. Er legt ihn auf den Nachttisch und sagt:

„Hier hast du das Geld, um das du mich gebeten hast.“

Der Junge wischt sich die Tränen am Bettlaken ab, klettert aus dem Bett und läuft zum Kleiderschrank. Er nimmt eine Dose heraus, fischt ein paar Münzen und Ein-Peso-Scheine heraus, tut die fünf Pesos dazu und zählt mit den Fingern ab, wie viel Geld er hat.

Dann nimmt er das Geld und legt es neben seinen Vater, der ihn lächelnd ansieht, aufs Bett.

„Jetzt reicht es“, sagt Ernesto. „Neun Pesos und fünfzig Centavos.“

„Sehr schön, mein Junge. Und was machst du mit dem Geld?“

„Verkaufst du mir eine Stunde von deiner Zeit, Papa?“

 

Quelle: Das Buch der Begegnung von Jorge Bucay

Eltern sind auch nur Menschen

Vor einiger Zeit las ich bei bento.de den Artikel „Eltern sind auch nur Menschen und Menschen sind nicht perfekt“. Es ging darum, was Kinder aus den Beziehungen ihrer Eltern gelernt haben. Kernpunkt waren die Muster, die die Eltern vorgelebt haben und deren Auswirkungen auf das eigene Partnerschaftsverhalten.  Haben die Eltern viel gestritten und hat sich diese Atmosphäre in das eigene Leben verlagert oder haben sie wie Pech und Schwefel zusammengehalten oder haben die Eltern aufgegeben und neue Partner gefunden.

Mittlerweile erwachsene Kinder wurden interviewt zu den Beziehungsmustern ihrer Eltern und es gab folgende Ergebnisse:

  • Die meisten Kinder akzeptierten die Entscheidungen ihrer Eltern und den eingeschlagenen Weg nach dem Motto: Lass sie mal machen.
  • Viele Kinder zeigen einen reflektierten Abstand, der darauf hinausläuft, das Partnermodell der Eltern zu akzeptieren, es aber nicht zum Muster des eigenen Lebens zu machen.
  • Die heutige Generation der 25-35jährigen lehnt Partnerschaftsmodelle ab, bei denen man sich in die Abhängigkeit eines anderen Menschen begibt, sowohl emotional als auch wirtschaftlich.

Besonders beeindruckt haben mich zwei Aussagen, die ich in meiner Praxis auch immer in Beratungen einfließen lasse, und bei denen es um Authentizität und Arbeit geht:

Die 31jährige Marlene schrieb über ihre Eltern: „Egal, welche kleinen Schwächen der Partner oder die Partnerin hat, am Ende geht es darum, dass man sich aufeinander verlassen kann. Einfach so sein kann, wie man will, ohne sich verstellen zu müssen. Und dass man viele Sachen miteinander teilt: Sei es, die gleiche Platte aufzulegen, den gleichen Berg zu erklimmen, den gleichen Rotwein zu trinken oder gemeinsam neben dem halbvollen Glas auf dem Sofa einzuschlafen.“

Und  Alex, 21, schrieb: „Die beiden haben mir gezeigt, dass Liebe nur ein Teil einer funktionierenden Beziehung ist. Denn eine Beziehung ist auch Arbeit und benötigt immer wieder eine neue Willensentscheidung. Denn wir müssen in Beziehungen zurückstecken, auf den Anderen achten – ohne dabei uns selbst zu vergessen. Trotzdem müssen wir manchmal standhaft bleiben. Erst wenn wir wirklich lieben, sind wir auch in schwierigen Zeiten bereit, an der Beziehung festzuhalten und füreinander da zu sein.“

Erinnert Sie das vielleicht an einen Satz, der in meinen Newslettern häufiger vorkommt? „Liebe ist Arbeit – vermutlich die schönste der Welt.“

Und im Übrigen: Kinder sind auch nur Menschen und müssen ebenfalls nicht perfekt sein…

Das Verhalten als Eltern

Wenn Sie Kinder haben, stehen Sie vielleicht manchmal vor der Frage, wie Sie die Verantwortung teilen und wie Sie die Erziehung gestalten. Es kann sein, dass einer der Partner z.B. sehr auf die Sicherheit bedacht ist, während der andere dem Kind mehr Freiräume geben möchte, sei dies beim Spielen auf dem Spielplatz im Kleinkindalter („Wie weit darf das Kind sich wegbewegen?“) oder bei Ausgehzeiten bei Teenagern („Wann muss man zu Hause sein? Wie / wann muss man Bescheid geben?“)

Die Diskussionen darüber in Familien sind vielseitig. Jeder der Erwachsenen meint, das zu tun, was für das Kind am besten ist. Aber was ist das?

Bei all dem, was unsere Werte und Vorstellungen von Erziehung prägt, kommt es stark darauf an, was uns unsere Eltern bzw. Bezugspersonen vorgelebt haben. Welche Einstellungen, Werte hatten sie? Was haben sie uns vorgelebt? Wesentlich ist aber auch, was und wie wir unsere Kindheit erlebt haben und was unser Verhalten geprägt hat. Gemachte Erfahrungen gehen freilich über die Kindheit hinaus.

Heute sind Sie selbst Eltern – als Eltern handeln Sie stets nach bestem Wissen und Gewissen. Ich unterstelle jedem Elternteil, dass er (vom „Normalfall“ ausgehend) dem Kind stets Gutes tun möchte. Wir möchten die kleinen/großen Wesen gut ins Leben führen und begleiten. Sie bestmöglich auf alle Widrigkeiten und Stürme des Lebens vorbereiten. Dabei haben wir Ängste und Sorgen – was könnte dabei alles passieren?!

Ein wesentlicher Faktor ist aber auch, sich selbst zu hinterfragen – was hat mir als Kind gut getan und vielmehr, was hat mir – aus meiner Sicht – gefehlt? Als Eltern neigen wir dazu, die eigenen nicht erhaltenen Bedürfnissen bei den eigenen Kindern gut zu machen. Wir geben den Kindern dann etwas, was die Kinder in der Situation vielleicht gar nicht brauchen; doch in einer ähnlichen Situation als Kind hätten wir genau das Verhalten gebraucht, welches wir unseren Kindern anbieten.

Lassen Sie mich dies an zwei Beispielen verdeutlichen:

Sie haben als Kind vielleicht die Erfahrung gemacht, zu wenig Lob zu erhalten (wichtig an dieser Stelle ist, dass dies Ihr Eindruck ist und nicht jener der Eltern oder Geschwister). Sie werden als Erwachsener dann bestrebt sein, das eigene Kind ganz oft zu loben, ungeachtet dessen, ob dieses Lob immer angebracht ist. Nun kann man hinterfragen, was das mit dem eignen Kind macht. Ist ein Lob oder sagen wir so, stetes Lob wirklich immer gut?

Oder: Sie sind als Kind nicht gerne alleine geblieben. So werden Sie als Erwachsener vielleicht bestrebt sein, ganz oft zu Hause zu sein und ihr Kind nur wenig alleine zu lassen. Auch hier ist die Frage zu stellen, ist das das Verhalten, was das Kind braucht oder heilen Sie damit Ihre eigene Kindheitsverletzung?

Die von mir in meinen Beiträgen schon gelegentlich erwähnte Phasen der Bindung, Exploration, Kompetenz und Identität in den ersten Lebensjahren sind bei unseren eigenen Kindheitsverletzungen unter anderen von bedeutendem Einfluss.

Es hat also viel mit uns selbst zu tun, wie wir uns verhalten. Wenn Sie also Ihren Partner kritisieren für das, was er oder sie tut oder nicht tut in Bezug auf die Kindererziehung, fragen Sie sich stets auch selbst: was hat das mit mir zu tun?

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