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Das Rätsel Resilienz

In einem früheren Newsletter habe ich darüber geschrieben, warum nicht nur die Schwachen, sondern auch und gerade die starken Menschen Unterstützung brauchen. Die eigene Geschichte und die Anpassung an schwierige Umstände spielen da eine wesentliche Rolle.

Umgekehrt kann man aber auch fragen, warum sind diese Menschen so stark? Wieso schaffen Sie es, mit Rückschlägen umzugehen oder aus Krisen gestärkt hervorzugehen. Wenn man bei dieser Frage angelangt ist, ist oft das Wort „Resilienz“ als Antwort nicht weit. Es gibt eine seit Jahren wachsende Verwendung dieses Wortes und des dahinter liegenden Konzeptes. Resilienz, als Begriff aus der Materialwirtschaft kommend, beschreibt im eigentlichen Sinne die Fähigkeit eines Materials sich in seine Ursprungsform zurückzubegeben. In der Psychologie meint es Widerstandsfähigkeit im Sinne des Umgangs mit Schicksalsschlägen und der Fähigkeit, aus negativen Ereignissen (Verletzung, Krankheit, Verlust, etc.) mit positiver Haltung zu gehen und stark und positiv zu bleiben, und zwar aus innerer Kraft und Überzeugung und nicht aus äußerlicher Schauspielkunst.

Der Spiegel (Nr. 11/2019) hat diesem Thema eine ganze Titelgeschichte gewidmet. Erstaunlich ist, wie viel praktische und theoretische Resilienzgrundlagen es bereits gibt. Nicht nur private Coaches bieten das an, davon ausgehend, dass Resilienz nicht nur eine „angeborene“ Fähigkeit ist, sondern dass man diese Fähigkeit erlernen und trainieren kann. Auch Lehrstühle und Forschungseinrichtungen dazu gibt es schon.

Resilienz soll dem Stress ein wirksames Gegenmittel setzen. Stressursachen heute sind v.a. Arbeit, aber auch zu hohe Ansprüche an sich selbst, zu viele Termine (auch und gerade in der Freizeit), ebenso wie ständige Erreichbarkeit. Wie können wir uns dagegen wehren oder vor den negativen Folgen schützen? Wie kann man diesen Faktoren mit der Gelassenheit begegnen und sich nicht davon anstecken oder niederstrecken lassen? Neben den „tagtäglichen“ Stressfaktoren gibt es noch die Einzelereignisse, die uns aus der Bahn werfen können und die auch Kräfte erfordern, um damit umzugehen, z.B. der Tod naher Angehöriger, Unfälle mit Verletzungen, schwere Erkrankungen. Was sind die Voraussetzungen, um damit gut umgehen zu können? Die Forscherin Ann Masten hat dazu folgende Resilienzfaktoren ermittelt:

  • Zuverlässige elterliche Fürsorge und sichere Bindung
  • Enge Beziehungen zu weiteren vertrauenswürdigen Erwachsenen
  • Intelligenz und die Fähigkeit, Probleme zu lösen
  • Die Fähigkeit, Gefühle zu regulieren, sich zu beherrschen und vorauszuplanen
  • Das Vertrauen, sich in schwierigen Situationen behaupten zu können (Selbstwirksamkeit)
  • Die Fähigkeit, aus Erfolgen, Selbstvertrauen zu gewinnen
  • Effektive Schulen
  • Das Vertrauen, die Hoffnung oder Überzeugung, dass das Leben einen Sinn hat

Man erkennt an dieser Liste, dass es viel darum geht, mit beiden Beinen im Leben zu stehen und auf „das Gute“ zu vertrauen, weil man gute Erfahrungen gemacht hat. Gute Erfahrungen stärken und helfen, dass negative Erfahrungen besser verarbeitet werden können.

In meiner Praxis erlebe ich oft Menschen, die am Rand einer Situation sind, sich von Stress oder Niedergeschlagenheit überwältigen zu lassen. Gerade hier können Übungen helfen, die sowohl auf der Ebene der Gefühle und der Bindung das Vertrauen in sich selbst stärken als auch die Erinnerung an Situationen, die man selbst gut bewältigt hat. Deshalb bin auch ich überzeugt, dass man daran arbeiten kann, in schweren Zeiten zuversichtlich zu bleiben.

24 Stunden ohne…

Neulich fragte der Standard seine LeserInnen: „24 Stunden ohne Männer: Liebe Userinnen, wie würden Sie diese verbringen?“ Diese Frage ist in verschiedenen Medien schon häufiger gestellt worden und soll zum Nachdenken anregen, wie Frauen 24 Stunden auf der Welt nutzen dürfen. Als Nebenbedingung gilt, dass die Männer nicht zu Schaden kommen und dass auch alle nach den 24 Stunden zurückkommen. Diese Nebenbedingung ist wichtig, schränkt sie die Handlungsmöglichkeiten doch ein wenig ein – denn Antworten wie „Ein neues Leben beginnen“ werden dann schwerer, wenn das alte Leben nach 24 Stunden zurückkehrt.

Die Antworten waren so verblüffend wie ehrlich. Oft ging es um das Ausleben von Freiheiten und die Überwindung von Konventionen und Einschränkungen. Viele Frauen gaben zur Antwort, sich anders anziehen zu wollen, mehr und angstfrei draußen zu sein, einmal zu tun, was einem sonst verwehrt ist (zum Strand fahren, nachts spazieren gehen). Was kann man daraus schließen? Männer – sowohl abstrakt als Gruppe wie auch konkret als Partner – definieren einen Rahmen (mit), in dem sich Frau mit Grenzen konfrontiert sieht?

Spannend wäre aber auch die Frage: „24 Stunden ohne Frauen: Liebe User, wie würden Sie diese verbringen?“ Diese Frage hat, soweit ich weiß, noch keiner gestellt. Was erwarten wir für Antworten? In Teilen vielleicht etwas Ähnliches (legerere Kleidung), vielleicht auch mehr Extrovertiertes (Stichwort: Männerabend). Man weiß es nicht, kann vielleicht vermuten, dass die Antworten sich mehr auf das Handeln beziehen, wenn die Partnerin nicht da ist und weniger, dass Frauen abstrakt als Gruppe 24 Stunden nicht vorhanden wären.

In beiden Richtungen wird offenbar durch die Abwesenheit des anderen Geschlechts etwas möglich, was sonst durch Grenzen limitiert ist – ein freies Verhalten, ohne dass dieses durch das andere Geschlecht bewertet wird (dies spürt man v.a. beim Thema Kleidung). Die Abwesenheit von Männern bzw. Frauen ermöglicht Frauen bzw. Männern, mehr Freiheiten auszuleben. Normalerweise endet die Freiheit des Einzelnen dort, wo das „freie Verhalten“ die Freiheiten eines anderen Menschen berührt, also dessen Grenzen überschreitet. Diese Freiheiten und Grenzen wären für 24 Stunden verschoben.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, über Freiheiten und Grenzen zu reden. Im Paarkontext kann man im Coaching erörtern, was einem in der Beziehung fehlt, wo man sich begrenzt fühlt und wie ein/e PartnerIn dazu beitragen kann, dass man sich auch in Anwesenheit des anderen Geschlechts sicher fühlt, dass zu tun und so zu sein, wie man wirklich ist, ohne Bewertungen und Urteile anderer zum Maßstab des eigenen Verhaltens zu machen. Genau diese Gespräche führe ich mit Paaren in meiner Praxis immer wieder und merke, dass diese Gespräche es möglich machen, gemeinsam Grenzen zu verschieben.

Die Kindheit im Gepäck

Zu Jahresbeginn erschien bei Spiegel Online ein Artikel über das innere Kind. Das innere Kind, über das es auch eine Menge Bücher gibt, ist ein psychologisches Konzept, nach dem neben Erbanlagen auch Prägungen aus unserer Kindheit unser Wesen und unser Selbstwertgefühl heute bestimmen. Das bedeutet, dass Erfahrungen, Werte, Gefühle, die wir aus der Kindheit mitnehmen, uns auch heute noch beeinflussen und wenn wir mit der Umwelt interagieren, „hochkommen“ können. Im Artikel heißt es treffend: „Besonders die Zeit bis zum Grundschulalter könne unbewusst viel Einfluss auf unsere Persönlichkeit nehmen. Es gebe dabei positive Erfahrungen, die uns zu widerstandsfähigen Erwachsenen machten, aber auch negative, die noch Jahre später für Konflikte sorgten: Bindungsprobleme beispielsweise, Stress, Zukunftsängste.“

Denken Sie in manchen Situationen auch an Ihre Kindheit zurück? Welche Erlebnisse haben Sie geprägt? Überwiegen die glücklichen und positiven Ereignisse oder sind da auch viele Schatten? Und dort, wo Sie verletzt wurden, z.B. durch das Verhalten Ihrer Bezugspersonen oder durch andere wie Mitschüler, Lehrer, Nachbarn, was ist davon hängengeblieben und zeigt sich heute noch, wenn Sie ähnliche Situationen erleben? Vielleicht wurden Sie als Kind in bestimmten Situationen beschämt oder kritisiert („Geh nicht bei einer roten Ampel über die Straße?“, „Was soll bei den schlechten Noten aus dir werden?“, „Warum verstehst du einfachsten Dinge nicht?“, „Du hast aber wirklich 2 linke Hände.“), die sich auch heute zeigen können – im Straßenverkehr, beim Nachfragen nach Erklärungen oder bei Reparaturen im Haushalt. Was dann? Ja, vielleicht hilft die Arbeit mit dem inneren Kind.

Die meisten psychologischen Berater sind überzeugt, dass es uns helfen kann, sich mit dem eigenen inneren Kind zu beschäftigen, damit es uns als Erwachsene im Hier und Jetzt besser geht. Das innere Kind zeigt sich auch heute in unseren Grundmustern bei Erfahrungen und oder Gefühlen wie Neid, Trauer, Schuld und Beschämung. Hier reagieren Kinder emotional und manch Erwachsener erlebt dieses kindliche Gefühl heute in ähnlichen Situationen nach. Der Lösungsansatz ist, dass man sich die Situation und die eigene Reaktion darauf bewusst macht, d.h. man muss erkennen, wie das eigene Verhaltensmuster aussieht und was diese mit den frühkindlichen Prägungen zu tun hat. Man darf sich quasi neben sich selbst stellen und analysieren und betrachten oder man darf sich das „Gepäck“, den eigenen emotionalen Rucksack ansehen, den man mit auf seiner Lebensreise hat. So hat man die Chance, sich seine Reaktion bewusst zu machen und sich klar zu machen, warum man sich heute so fühlt und so verhält und auch, ob und wie man es ändern möchte, damit man sich über die Aussagen und das Verhalten der Umwelt nicht mehr kränkt.

Letztendlich brauchen Sie in diesen Situationen etwas und zwar das, was sie auch als Kind gebraucht hätten, sei es Bindung, Interesse, Vertrauen, Liebe, Aufmerksamkeit. Und die Frage ist, ob und wie Sie sich dies heute herbeiholen können, wenn Sie diese Situationen erleben.

Wie man daran erkennt, ist das innere Kind ein Ansatz, mit dem man ein Stück weit gut selbst arbeiten kann. Macht man sich die Situationen aus der Kindheit vor dem Hintergrund aktueller Erlebnisse bewusst, kann man anders mit Gefühlen umgehen, indem man sie mit seinem Erwachsenen-Ich betrachtet und reguliert. Auf der anderen Seite kann man aber auch Grenzerfahrungen erleben und Traumata durchleben. Dann helfen Gespräche mit Beratern, Coaches und Therapeuten auf diesem Weg weiter.

Quelle: https://www.spiegel.de/start/inneres-kind-wie-es-helfen-kann-erwachsen-zu-werden-a-0327c7ba-c0d0-47e5-96a0-77c3ff1160b8, abgerufen am 5.1.21

Post für dich…

Freuen Sie sich auch, wenn Sie in ihrem Briefkasten eine Postkarte von einem lieben Menschen finden?

Das ist irgendwie aus der Mode gekommen. Heute schreiben wir keine Postkarten mehr, dafür versenden wir Bilder, Selfies, Schnappschüsse. Das ist auch eine nette Geste.

Vielleicht wollen Sie heute einfach mal so, ohne Anlass, einem Menschen der Ihnen wichtig ist, eine handgeschriebene Postkarte schicken. Ich bin ebenso wie Sie gespannt auf die Reaktion…

Sorge dich nicht, lebe…länger

Erinnern Sie die ersten 4 Worte an etwas? Ja, manche haben das Buch von Dale Carnegie gelesen, das so heisst. Und ich habe das Wort „länger“ ergänzt. Warum?

Viele Medien haben darüber berichtet, dass Optimisten laut einer Studie länger leben. Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften „PNAS“. Ausgewertet wurde die Krankengeschichte von älteren Personen und Kriegsveteranen. Gleichzeitig wurden diese per Fragebogen zu ihrer Lebenseinstellung befragt.

Die Studienteilnehmer hatten in Fragebögen angegeben, ob sie eher optimistisch oder pessimistisch sind. Die Forscher definierten Optimisten als Menschen, die daran glauben, dass gute Dinge passieren werden oder dass die Zukunft erstrebenswert ist, weil sie bestimmte Ziele erreichen können.

Die Forschergruppe fand heraus, dass Frauen in der besonders optimistischen Gruppe im Durchschnitt um 15 Prozent länger lebten, als jene in der pessimistischsten Gruppe. Bei optimistischen Männern betrug der Unterschied in der Lebenszeit elf Prozent.

Und es kommt noch besser, denn wir wünschen uns ja alle ein langes und gesundes (!) Leben. Die Chance, 85 oder älter zu werden, war bei der Gruppe der stärksten Optimistinnen um 50 Prozent größer als bei den stärksten Pessimistinnen. Bei den Männern betrug der Unterschied in der Studie 70 Prozent.

Ein bisschen Wasser muss ich aber auch in den Wein kippen: Die Studie kann nur zeigen, dass ein optimistisches Wesen häufig mit einer längeren Lebenserwartung einhergeht. Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Gesünderen schon von Natur aus optimistischer sind. Und natürlich können schwere Erkrankungen nicht allein mit positiven Gedanken geheilt werden.

Man sieht dennoch: ein bisschen positive Psychologie kann helfen – und darum, wer sich weniger sorgt, lebt – im Durchschnitt – länger.

Quellen: Spiegel Online, abgerufen am 27.8.2019, Wiener Zeitung, 27.8.2019

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