Schlagwort: Familie (Seite 2 von 3)

Ich mag dich – darf ich Mama/Papa zu dir sagen?

Eine geschiedene Mutter mit einem achtjährigen Kind findet einen neuen Partner. Das Kind versteht sich mit dem neuen Partner gut und obwohl es auch zu seinem leiblichen Vater einen guten Kontakt pflegt, nennt er das neue Familienmitglied „Papa“. Bekannte und Verwandte sind schockiert, wie kann das Kind zu diesem Mann nur Papa sagen, wenn er es nicht ist. Das müsse man ihm doch untersagen. Die kleine Patchworkfamilie ist verunsichert – soll man dem Kind verbieten den Partner der Mutter „Papa“ zu nennen, es ist doch „nur“ der Stiefvater…

Meine Meinung: Wenn es für Sie in Ordnung ist, dass das Kind Ihren Partner mit „Papa“ anspricht, überlassenen Sie dem Kind, wie es den Partner anspricht. Warum wollen Sie dem Kind ein angenehmes Gefühl, das es offensichtlich hat, verbieten, indem Sie ihm vorschreiben, wie es den Partner anzusprechen hat?

Was schulden wir unseren Eltern?

Wie halten Sie es eigentlich mit Ihren Eltern? Rufen Sie wöchentlich oder gar täglich an? Erledigen Sie Dinge für Ihre Eltern? Zeigen Sie Dankbarkeit? Oder wurden Sie sogar gebeten, sich an den Pflegekosten Ihrer Eltern zu beteiligen, weil die Pension dafür nicht reicht?

Jeder von uns hat wohl unterschiedliche Eltern-Kind-Erfahrungen und so mancher fragt sich vielleicht von Zeit zu Zeit: wozu bin ich verpflichtet?

Die Schweizer Philosophin Barbara Bleisch hat darauf folgende Antwort:

„Kinder sind zu nichts verpflichtet gegenüber ihren Eltern. Sie schulden ihren Eltern gar nichts!“

Das klingt auf den ersten Blick überraschend, haben uns unsere Eltern nicht liebevoll (mehr oder weniger) ins Leben begleitet, sich um uns gekümmert als wir klein waren, etc.?

Die Antwort auf die Frage, warum Kinder den Eltern nichts, schulden, lautet bei Frau Bleisch so:

„Das  [Anm: die Annahme, Kinder würden ihren Eltern etwas schulden] würde ja entweder bedeuten, dass Kinder für ihre Geburt dankbar sein müssten – darum haben sie aber nicht gebeten. Oder es hieße, dass Kinder sich für die Fürsorge erkenntlich zeigen müssten. Was wäre dann mit Kindern, die gequält oder misshandelt wurden? Müssten die auch dankbar sein? Das zu behaupten wäre grausam. Dankbare Kinder blicken glücklich auf ihre Kindheit zurück. Nicht alle haben dazu Grund.“

Frau Bleisch sagt aber auch:

„Kinder haben sicher Grund, sich um die eigenen Eltern zu bemühen. Die Eltern-Kind-Beziehung ist mit keiner anderen Beziehung vergleichbar. Sie ist unersetzlich, niemand kann im Erwachsenenalter neue Eltern finden. Und sie ist unfreiwillig: wir wählen einander nicht und werden einander auch nicht wieder los. Das alles macht sie besonders wertvoll. Und natürlich schulden wir uns Respekt: Einander ausnützen, verletzen, demütigen dürfen wir nie.“

Was können wir daraus lernen? Ist Blut wirklich dicker als Wasser? Man hört ganz oft „Familie kann man sich nicht aussuchen, Freunde schon.“ Vielleicht ist so manche Eltern-Kind-Beziehung deswegen so schwierig, weil man aus dieser nicht aussteigen kann – ich kann meine Eltern nicht austauschen gegen andere Eltern und im Gegensatz können mich meine Eltern auch nicht gegen ein anderes Kind austauschen. Und dennoch geschieht diese Situation ganz oft, wenn sich Eltern und Kinder nicht „verstehen“, wird der Kontakt abgebrochen, werden andere an deren Position gestellt, doch in Wahrheit bleibt eine Lücke.

Jeder von uns hat eine gelebte und eine emotionale Vergangenheit – Eltern wie Kinder. Im Zusammenspiel mit anderen handeln wir stets nach positiver Absicht und dennoch kommt es nicht immer so bei dem/der anderen an. Das kann manchmal weh tun. Manche Verletzungen vergessen wir nie.

Eine Eltern-Kind-Beziehung besteht wie jede Beziehung aus einem gegenseitigen Nehmen und Geben und ist eine Beziehung an der man ein Leben lang lernen und arbeiten darf. Dafür, dass es diese Beziehung gibt, darf man dankbar sein – egal ob diese Beziehung gut oder schwierig ist – sie ist der ideale Lehrmeister.

Sind Väter die „neuen Mütter“?

Die Rolle der Väter ändert sich…so auch in Bezug darauf, wenn die Familie auseinandergeht.

In der Zeitschrift der „Spiegel“ (Nr 27/2017) brachte die Psychoanalytikerin Inge Seiffge-Krenke, diese Entwicklung auf den folgenden Punkt:

Durch sich wandelnde Familienbilder und Erwartungen an Mütter und Väter sowie auch gesellschaftliche Veränderungen, bringen sich Väter heute mehr, aber eben auch anders als „Mütter“, in die Kindererziehung ein. Die Psychoanalytikerin kommt zu dem Ergebnis, dass Väter auf dem Weg zu einem „Mutter-Imitat“ seien und das hat eine Reihe von Konsequenzen. Sie führt folgende Beispiele an:

  • Die Welt und insbesondere Frauen brauchen die Männer nicht mehr zum Kinderkriegen, aber dennoch werden sie zunehmend auf dem ureigensten Gebiet ihrer Kompetenz angegriffen (der Artikel erwähnt das Beispiel des vom Vater zur alleinerziehenden Mutter heimkommenden Buben, der der Mutter stolz den Kuchen zeigt, den der Vater und er gebacken haben. Reaktion der Mutter: Mistkübel auf – Kuchen hinein – Mistkübel zu).
  • Das Verhältnis von Müttern zu ihren Kindern – insbesondere zu Töchtern – verändert sich, weil Väter ihre Töchter oft anders und stärker fordern und fördern, andererseits aber seltener kritisieren, etwas, das Mütter in stärkerem Ausmaß tun.
  • Die Kinder werden früher in die Selbständigkeit entlassen oder sogar hineingeworfen – erwähnt wird hier das Beispiel, dass Väter ihrem Nachwuchs Aktivitäten teilweise bis zu 4 Jahre früher zutrauen als die Mütter.

Die starke Konzentration auf das Kind, auf das der gesamte Lebensalltag abgestimmt ist, führt zu dem Ergebnis, dass Eltern nur noch auf die Eltern-Kind-Ebene achten und die Paarebene vernachlässigen. Die Botschaft, so Seiffge-Krenke, sei, dass das Kinder Verzicht lernen (dürfen) – die Eltern haben eine Beziehung zueinander, in der das Kind auch mal keine Rolle spielen darf.

Ich stimme dem insofern zu, als dass es sehr wichtig ist, dass Menschen neben ihrer Elternrolle, nicht auf ihre Paar-Ebene vergessen. Es ist nachvollziehbar, dass diese Paar-Ebene nicht so intensiv gelebt werden kann, als zu Zeiten als die Kinder noch nicht auf der Welt waren. Es darf jedoch möglich sein, sich ab und zu „kleine Inseln“ zu zweit zu schaffen. Das kann ein Abendessen zu zweit (weg von zu Hause) sein, ein Kinobesuch, ein Spaziergang oder vielleicht ein paar Tage Urlaub zu zweit…

Im Beratungsalltag stelle ich leider oft fest, dass viele ehemals verliebte Paare nur mehr ihre Elternebene leben. Man „lebt sich auseinander“ und es kommt zur Trennung. In dieser Situation nach wie vor stabil als Eltern für die Kinder da zu sein, ist die wesentliche, wenn auch oft schwierige Aufgabe, ganz besonders wenn man als Paar getrennt ist. Und auch hier bringen sich Männer vermehrter ein als „früher“, vielleicht auch, weil sie nicht wollen, dass ihre Kinder eine Erziehung erfahren, wie sie sie von ihren Vätern erfahren haben?!

In der Praxis hat sich auch gezeigt, dass Väter oft erst nach der Scheidung als Vater „aktiv“ werden. Mütter ärgern sich darüber und fragen sich, warum dies nicht schon „früher“ also während der Ehe möglich war. Mein Tipp – als Familie hat es leider nicht geklappt, aber freuen Sie sich für Ihre Kinder, dass diese nun eine Mama- und eine Papa-Beziehung erfahren und leben dürfen.

Mit nachsichtigen Grüßen

Natascha Freund

Familienzeitbonusgesetz

Mit 1. März 2017 tritt das Bundesgesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) in Kraft. Im Folgenden werden kurz die Inhalte dieses Gesetzes dargestellt:

Mit dem Familienzeitbonusgesetz soll ein Bonus für Väter während der Familienzeit gewährt werden.

Als Familienzeit versteht das Gesetz den Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu seine Erwerbstätigkeit unterbricht. Er darf keine andere Erwerbstätigkeit ausüben, kein Arbeitslosenentgelt und auch kein Krankengeld beziehen.

Anspruchsberechtigt sind leibliche Väter sowie Adoptivväter und Dauerpflegeväter für ihr Kind, Adoptivkind oder Dauerpflegekind. § 2 Abs. 1 FamZeitbG nennt weitere Voraussetzungen, die Väter erbringen müssen, um Anspruch auf Familienzeitbonus zu erlangen. Hierunter fallen beispielsweise:

  • es muss Anspruch für dieses Kind auf Familienbeihilfe bestehen und diese muss auch tatsächlich bezogen werden;
  • der Vater, das Kind und der andere Elternteil müssen den Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet (Österreich) haben und zudem in einem gemeinsamen Haushalt leben;
  • der Vater hat in den letzten 182 Tagen unmittelbar vor Bezugsbeginn durchgehend in Österreich eine kranken- und pensionsversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt sowie in diesem Zeitraum keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung erhalten.

Der Familienzeitbonus beträgt täglich EUR 22,60. Dieser Familienzeitbonus gebührt ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Kalendertagen innerhalb eines Zeitraumes von 91 Tagen ab dem Tag der Geburt des Kindes.

Um Familienzeitbonus zu beziehen, ist ein Antrag an den gesetzlichen Krankenversicherungsträger zu stellen.

Das Familienzeitbonusgesetz ist auf Geburten nach dem 28. Februar 2017 anwendbar.

Die Familie der Zukunft?

Familie ist wo Leben beginnt und Liebe niemals endet…menschliches Zusammenleben ist großer Dynamik unterworfen, wodurch auch neue Formen im Umgang und im Zusammenleben miteinander entstehen. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit und ohne Kinder, Patchworkfamilien, alleinerziehende Eltern, ja sogar Projekte, bei denen Menschen Eltern sein können (sollen), ohne je ein Paar gewesen zu sein oder ohne eine Liebesbeziehung gehabt zu haben („Co-Parenting“) um nur einige Beispiele dieser Entwicklung zu nennen. Es ist gar nicht so leicht, am letzten Stand zu bleiben.

Die spannende Frage ist:  Wenn in unserer Gesellschaft alles möglich ist und alle Formen des Zusammenseins gesellschaftlich akzeptiert sind, sollen wir das alles auch positiv sanktionieren? Das ist am Ende eine Werte-Entscheidung für die Art der Gesellschaft, die wir wollen. Die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare ist eine Realität und das ist auch gut so. Aber: wollen wir auch Konstellationen mit 3 Eltern? Oder Surrogat-Kinder? Oder „Children-Sharing“, was vielleicht auch noch jemand erfinden wird?

Vieles, was wir tun, geschieht aus der Sichtweise der Erwachsenen. Wie und in welcher Form wir „Familie“ leben, ist durch die Generation der heutigen Eltern definiert. Dabei ist wissenschaftlich erwiesen, dass für die gesundheitliche und seelische Entwicklung der Kinder am besten ist, wenn sie zu den Eltern und die Eltern zueinander eine gute Beziehung haben. Dabei ist unerheblich, ob es sich um verschieden- oder gleichgeschlechtliche Eltern handelt.

„Eine Familie ist wie ein Baum verwurzelt mit vielen Ästen, Blättern und Blüten. Bei guter Pflege erhält man als Dank eine reiche Ernte.“ (Heidi Maria Artinger)

Mit familienfreundlichen Grüßen

Natascha Freund

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